Rinder und der Klimawandel: Ein komplexes Zusammenspiel
Der Klimawandel stellt eine der größten Herausforderungen unserer Zeit dar. Gleichzeitig wird die verfügbare landwirtschaftliche Nutzfläche pro Kopf immer knapper, sei es durch Bevölkerungswachstum, Urbanisierung oder Umweltfaktoren wie Erosion und Wüstenbildung. In dieser angespannten Situation geraten Nutztiere, insbesondere Rinder, vermehrt in die Kritik. Ihr Methanausstoß wird oft als Haupttreiber der Klimakrise dargestellt. Doch diese Sichtweise greift zu kurz und verkennt die wichtige Rolle, die Rinder in der Verwertung nicht essbarer Biomasse spielen.
Die Bedeutung der Rinderhaltung
Laut Prof. Dr. Wilhelm Windisch von der Technischen Universität München erzeugt die Landwirtschaft große Mengen an Biomasse, die für den Menschen nicht direkt essbar ist. Diese nicht essbare Biomasse umfasst Grasland, Gründüngung, Stroh und Nebenprodukte der Lebensmittelverarbeitung wie Kleie. In Europa machen Grasflächen etwa 30 bis 40 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche aus, weltweit sind es über 70 Prozent. Diese Flächen können nicht für den Anbau menschlicher Nahrungsmittel genutzt werden, eignen sich jedoch hervorragend zur Beweidung durch Rinder.
Windisch erklärt, dass Rinder diese Biomasse effizient in hochwertige Lebensmittel wie Milch und Fleisch umwandeln können, ohne dabei in Nahrungskonkurrenz zum Menschen zu treten. „Rinder machen aus vier Kilogramm nicht essbarer Biomasse drei bis vier Kilogramm Milch,“ sagt Windisch. Dieser Prozess ist nicht nur nachhaltig, sondern trägt auch zur Schließung von Nährstoffkreisläufen in der Landwirtschaft bei.
Methanemissionen und Futtereffizienz
Ein oft genanntes Argument gegen die Rinderhaltung ist die Methanemission, die bei der Verdauung in den Vormägen der Wiederkäuer entsteht. Methan trägt zwar zur globalen Erwärmung bei, wird aber in der Atmosphäre relativ schnell abgebaut. Prof. Windisch betont, dass die Optimierung der Futtereffizienz der beste Weg ist, um diese Emissionen zu minimieren. „Die Methanemission der Wiederkäuer hängt im Wesentlichen von der Menge an verzehrtem Futter ab. Eine verbesserte Futtereffizienz reduziert somit direkt die Methanemissionen,“ erklärt er.
Rinderhaltung im Vergleich zu anderen Produktionsmethoden
Die Diskussion um Alternativen zur traditionellen Rinderhaltung, wie etwa Biogasanlagen oder Kunstfleisch, zeigt weitere Vorteile der Rinder. Biogasanlagen können zwar ebenfalls nicht essbare Biomasse verwerten, erzeugen jedoch keine zusätzlichen Lebensmittel. Kunstfleisch hingegen ist auf hochreine Nährstoffe angewiesen, die aus essbaren pflanzlichen Lebensmitteln gewonnen werden müssen, was es zu einem Nahrungskonkurrenten des Menschen macht.
Nachhaltigkeit und Resilienz der Rinderhaltung
Prof. Windisch stellt fest: „Nutztiere sind nicht nur nützlich, sie sind absolut essentiell.“ Dies gilt insbesondere für die Erhaltung der Bodenfruchtbarkeit. Die Verwertung der nicht essbaren Biomasse durch Rinder trägt dazu bei, wichtige Pflanzennährstoffe zurück in den Boden zu bringen. Dies ist ein wesentlicher Aspekt einer nachhaltigen Landwirtschaft, der häufig übersehen wird.
Laut dem Umweltbundesamt entfallen rund 6 % der gesamten CO2-Äquivalente auf Methan. Von diesen 6 % gehen etwa 4 % auf die Landwirtschaft zurück, wobei nur 2 % der Emissionen direkt der Nutztierhaltung zugeschrieben werden können. „Wenn man alle Nutztiere abschaffen würde, wäre der Effekt auf die Umwelt so klein, dass er kaum messbar wäre,“ so Windisch.
Tabelle: Vergleich der Wassernutzung verschiedener Lebensmittel
Lebensmittel | Wasserverbrauch (l pro kg) | Anteil Regenwasser | Anteil Leitungs-/Brunnenwasser |
---|---|---|---|
Rindfleisch | 15.415 | 93,5% | 6,5% |
Schweinefleisch | 5.988 | 87,5% | 12,5% |
Hühnerfleisch | 4.325 | 84% | 16% |
Milch | 1.020 | 91% | 9% |
Reis | 2.497 | 79% | 21% |
Weizen | 1.827 | 88% | 12% |
Sojabohnen | 2.145 | 93% | 7% |
Nüsse | 9.063 | 40% | 60% |
Rinderhaltung ist unverzichtbar in der nachhaltigen Landwirtschaft
Die Rinderhaltung spielt eine unverzichtbare Rolle in der nachhaltigen Landwirtschaft, indem sie nicht essbare Biomasse in wertvolle Lebensmittel umwandelt und gleichzeitig zur Schließung von Nährstoffkreisläufen beiträgt. Ein Verzicht auf Rinder würde nicht nur die Lebensmittelproduktion reduzieren, sondern auch die Effizienz und Nachhaltigkeit der Landwirtschaft beeinträchtigen. Es ist daher wichtig, die Rinderhaltung als Teil einer ausgewogenen und nachhaltigen Kreislaufwirtschaft zu betrachten.
Wie Prof. Windisch im Interview mit „Fokus Fleisch“ erläutert, ist der Methanausstoß von Rindern im Vergleich zu den Emissionen aus fossilen Brennstoffen relativ gering. Die wahre Herausforderung im Klimaschutz liegt in der Reduzierung der CO2-Emissionen aus der Verbrennung fossiler Rohstoffe. Rinder sind daher nicht die Klimakiller, als die sie oft dargestellt werden, sondern ein wichtiger Bestandteil einer nachhaltigen und effizienten Landwirtschaft.