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Öffentliche Lebensmittelbeschaffung in Österreich – Abschwächung von Bio- und Tierwohlkriterien im Fokus

Die geplanten Änderungen zur öffentlichen Lebensmittelbeschaffung gefährden Bio- und Tierwohlkriterien – ein massiver Einschnitt für Handel, Landwirtschaft und Fleischhandwerk in Österreich.

Die geplanten Änderungen zur öffentlichen Lebensmittelbeschaffung gefährden Bio- und Tierwohlkriterien – ein massiver Einschnitt für Handel, Landwirtschaft und Fleischhandwerk in Österreich.
Ursprünglich hieß es doch: „Mehr Qualität auf unseren Tellern!" Ist der gute Vorsatz von der Politik jetzt vergessen worden? © Unsplash / Anton Murygin

Öffentliche Lebensmittelbeschaffung in Österreich – Abschwächung von Bio- und Tierwohlkriterien im Fokus

Rückschritt statt Fortschritt

Seit 2021 schreibt der Aktionsplan nachhaltige Beschaffung des Bundes im Lebensmittelbereich ambitionierte Ziele vor: eine Bio-Quote von derzeit 30 % mit einem Ziel von 55 % bis 2030 und klar definierte Tierwohlanforderungen. Mit diesen Vorgaben sollte der Einkauf der öffentlichen Hand zum strategischen Hebel für eine nachhaltige, tiergerechte Agrar- und Ernährungswirtschaft werden.
Nun bringt das Norbert Totschnig geführte Landwirtschaftsministerium eine Überarbeitung dieser Kriterien ins Spiel – mit weitreichenden Folgen für das Fleisch- und Lebensmittelhandwerk.

Bio-Quote gestrichen, Tierwohlvorgaben ausgehebelt

Die geplante Neuerung lässt aufhorchen: Das Ziel von 55 % Bio-Anteil wird gestrichen, und viele Tierwohl-Vorgaben werden aufgehoben. Damit würde der Bund künftig sogar Fleisch aus Vollspaltenbodenhaltung statt aus Strohhaltung akzeptieren – entgegen der erklärten Linie von mehr Tierfreundlichkeit.

Olga Voglauer (Agrarsprecherin der Grünen) bringt es auf den Punkt:

„Während sich Landwirtschaftsminister Totschnig nach außen mit der qualitativ vollen Arbeit der heimischen Landwirt:innen schmückt, demontiert er im Inneren die Zukunftschancen des gesamten Sektors. Die Bio-Bäuer:innen und Tierhalter:innen, die auf Tierwohl gesetzt und investiert haben, werden vom Landwirtschafts­minister eiskalt im Stich gelassen.”

Kleine Betriebe im Nachteil – Großer Schaden für Handwerk & Qualität

Die Konsequenz: Kleine und mittelbetriebene Betriebe, die auf Bio oder Tierwohl setzen, stehen vor massiven Wettbewerbsnachteilen. Der Entwurf sieht u. a. folgende Veränderungen vor:

  • Geltung der Regeln nur mehr bei neuen Ausschreibungen und Rahmenverträgen – Pachtverträge und Veranstaltungen sind ausgenommen.
  • Bagatellgrenzen und Ausnahmen erlauben eine Umgehung der Qualitätsanforderungen.
  • Tierwohl- und gentechnikfreie Fütterungskriterien werden deutlich abgeschwächt bzw. eingeschränkt auf wenige Produktgruppen.

Für das Metzger- und Fleischereihandwerk bedeutet das eine gefährdete Ausgangslage: Der investierte Mehraufwand in Qualität und Tierwohl verliert seine Planungssicherheit.

Warum Einkauf der öffentlichen Hand ein Schlüssel für die Branche ist

Die öffentliche Beschaffung ist einer der wichtigsten Absatzwege für Fleisch- und Lebensmittelbetriebe, die auf nachhaltige Erzeugung setzen. Der Aktionsplan zielte darauf ab, die Nachfrage nach Bio-Lebensmitteln und Fleisch aus Tierwohlhaltung zu stärken, landwirtschaftliche Betriebe zu stabilisieren und Wertschöpfung und Transparenz in der Herkunft und Haltung zu fördern.

Wenn diese Steuerungsinstrumente nun aufgegeben werden, steht nicht nur das Handwerk, sondern das gesamte Qualitätsprofil heimischer Landwirtschaft zur Disposition.

Fazit: Strategie statt Rückbau gefordert

Also gilt: Eine Abschwächung der Kriterien ist ein Rückschritt – nicht nur symbolisch, sondern handfest wirtschaftlich und ethisch. Das Fleisch- und Lebensmittelhandwerk braucht verlässliche Rahmenbedingungen, damit Qualität, Tierwohl und Regionalität keinen Nachteil gegenüber Billigimporten erleiden.