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Nahversorgung in Österreich: Kleine Gemeinden kämpfen ums Überleben der Kaufleute

Es ist ein typisches Austriakum: In keinem anderen Land der Europäischen Union ist die Zahl der Lebensmittelgeschäfte pro Einwohner so hoch wie in Österreich – und doch gibt es bundesweit mittlerweile über 500 Gemeinden, die ohne Nahversorger auskommen müssen.

Es ist ein typisches Austriakum: In keinem anderen Land der Europäischen Union ist die Zahl der Lebensmittelgeschäfte pro Einwohner so hoch wie in Österreich – und doch gibt es bundesweit mittlerweile über 500 Gemeinden, die ohne Nahversorger auskommen müssen.
Eine flächendeckende Versorgung könne nur funktionieren, wenn auch die Bevölkerung hinter den Nahversorgern steht. © Unsplash / Lukas Juhas

Nahversorgung in Österreich: Kleine Gemeinden kämpfen ums Überleben der Kaufleute

Österreichs besondere Ausgangslage

Mit 2.092 Gemeinden weist Österreich die höchste Dichte an Lebensmittelgeschäften pro Einwohner in der gesamten EU auf. Dennoch haben inzwischen mehr als 500 Orte keinen Nahversorger mehr. Während mittelgroße und größere Städte ein stabiles Angebot durch mehrere Marktteilnehmer bieten, spitzt sich die Lage in kleinen Gemeinden weiter zu.

Unter 2.000 Einwohner wird es schwierig

Christian Prauchner, Obmann des WKÖ-Bundesgremiums Lebensmittelhandel und selbst Kaufmann mit Spar-Märkten in Pöchlarn, Ybbsitz und Gresten, bringt es auf den Punkt: „Für Kaufleute wird es zunehmend schwierig, wenn Gemeinden nur 1.500 bis 2.000 Einwohner haben und kaum Einzugsgebiet besteht.“ Das Problem zeigt sich besonders in abgelegenen Regionen. Im Tiroler Bergdorf Gramais, Österreichs kleinster Gemeinde mit gerade einmal 43 Bewohnern, ist ein wirtschaftlich tragfähiger Betrieb schlicht undenkbar.

Bettcher Trimming
Bettcher Trimming

Wirtschaftlichkeit als Grundbedingung

Prauchner macht deutlich, dass der Betrieb eines Lebensmittelgeschäftes auf Dauer wirtschaftlich sein muss. Eine dauerhafte Finanzierung über Steuergelder lehnt er ab. Gemeinden selbst könnten nicht „zum Händler“ werden. Stattdessen brauche es pragmatische Lösungen und politischen Realitätssinn.

Politische Spielräume und Öffnungszeiten

Das Bundesgremium Lebensmittelhandel diskutiert derzeit, wie Kaufleute in Kleinstgemeinden flexibler unterstützt werden können. Längere Öffnungszeiten als generelles Rezept lehnt Prauchner jedoch ab: Der „Kuchen“ an Umsatz werde nicht größer, er würde sich nur zu Lasten kleiner Betriebe zugunsten großer Filialketten verschieben. Über gezielte Ausnahmen, etwa in Tourismusregionen, könne man aber nachdenken, um einzelne Betriebe zu stärken.

Container-Shops als zweischneidiges Schwert

Unbemannte Containerläden gelten vielerorts als moderne Lösung. Prauchner sieht sie kritisch: Häufig liegen im Nachbarort noch Nahversorger, die zusätzlich als Postpartner, Bankdienstleister oder Treffpunkt für die Dorfgemeinschaft fungieren. Der Wettbewerb mit Containerlösungen könne diese Betriebe schwächen, ohne dass die Versorgung insgesamt besser würde.

Nahversorgung heißt mehr als Lebensmittel

Die Diskussion um die Zukunft kleiner Geschäfte ist auch eine Frage der Infrastruktur. Für viele Dörfer geht es nicht nur um Brot und Milch, sondern um Kinderbetreuung, ärztliche Versorgung oder Treffpunkte für soziale Kontakte. Die Lebensmittelgeschäfte übernehmen hier oft eine Schlüsselfunktion für das Gemeindeleben.

Solidarität als Schlüssel

Prauchner ist überzeugt: Eine flächendeckende Versorgung könne nur funktionieren, wenn auch die Bevölkerung hinter den Nahversorgern steht. Ohne die bewusste Entscheidung der Konsumentinnen und Konsumenten, den lokalen Kaufmann zu unterstützen, werde es keine nachhaltige Lösung geben.