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Vegane Wurst im Supermarkt: Warum die Debatte um Bezeichnungen an den Bedürfnissen der Konsument:innen vorbeigeht

Vegane Wurst, Schnitzel & Co sorgen für Debatten. Doch die Mehrheit setzt weiter auf Fleisch – gefragt sind Qualität, Regionalität und Transparenz.

Vegane Wurst, Schnitzel & Co sorgen für Debatten. Doch die Mehrheit setzt weiter auf Fleisch – gefragt sind Qualität, Regionalität und Transparenz.
Vegane Burger gehören inzwischen zum fixen Sortiment vieler Supermärkte – ihr Marktanteil bleibt trotz wachsender Sichtbarkeit nach wie vor gering. (Bild: pexels)

Vegane Wurst im Supermarkt: Warum die Debatte um Bezeichnungen an den Bedürfnissen der Konsument:innen vorbeigeht

Während im EU-Parlament über mögliche Verbote traditioneller Fleischbezeichnungen für pflanzliche Produkte wie „Schnitzel“ oder „Würstel“ diskutiert wird, positioniert sich Billa klar dagegen. Die Handelskette warnt vor „maximaler Verwirrung am Supermarktregal“ und verweist auf die steigende Nachfrage nach pflanzlichen Alternativen. Doch wie groß ist die vegane Szene in Österreich tatsächlich – und welche Rolle spielt Fleisch weiterhin?

Veganer sichtbar, aber zahlenmäßig klein

Die vegane Community hat es geschafft, medial und online eine starke Präsenz aufzubauen. In Zahlen gegossen ergibt sich jedoch ein anderes Bild: Laut einer RollAMA-Motivanalyse von 2024 ernähren sich lediglich 2,7 Prozent der Österreicher:innen vegan, 6,9 Prozent vegetarisch. Deutlich größer ist der Anteil der sogenannten Flexitarier, die ihren Fleischkonsum bewusst reduzieren – rund 33 Prozent. Die große Mehrheit von 70 Prozent zählt jedoch weiterhin zu den Mischköstler:innen.

Bettcher Trimming
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Das bedeutet nicht, dass pflanzliche Produkte irrelevant wären. Zwischen 2018 und 2023 ist das Angebot an Alternativen in Österreich um 47 Prozent gewachsen, die Umsätze legten 2023 um mehr als elf Prozent zu. Dennoch bleibt der Marktanteil im Fleischsegment laut AMA-Marketing bei etwa einem Prozent. Der Hype übersteigt die reale Marktdurchdringung bei Weitem.

Fleisch bleibt gefragt – die Ansprüche steigen

Gleichzeitig verliert Fleisch nicht die Bedeutung in der Ernährung. Der Pro-Kopf-Konsum sank in Österreich zwar von 67 Kilogramm im Jahr 2007 auf 58 Kilogramm im Jahr 2023, bleibt damit aber auf hohem Niveau. Was sich verändert, ist der Blick auf Qualität und Herkunft: Immer mehr Konsument:innen achten auf regionale Tierhaltung, transparente Lieferketten und Tierwohl. Billigfleisch aus industrieller Massenproduktion verliert an Akzeptanz – auch wegen gesundheitlicher Bedenken wie Antibiotikarückständen oder Umweltproblemen.

Für Fleischereibetriebe, Direktvermarkter und regionale Produzenten ergeben sich daraus Chancen. Wer auf handwerkliche Verarbeitung, Regionalität und nachvollziehbare Herkunft setzt, trifft auf eine wachsende Zahlungsbereitschaft, insbesondere in urbanen Milieus. Biofleisch spielt eine zunehmend wichtige Rolle, auch wenn sein Anteil im Lebensmitteleinzelhandel mit knapp sieben Prozent noch ausbaufähig ist.

Streit um Bezeichnungen – und die Frage der Glaubwürdigkeit

Die Debatte um Bezeichnungen wie „Schnitzel“ oder „Würstel“ bei pflanzlichen Produkten dreht sich im Kern um Transparenz und Verbraucherschutz. Der Europäische Gerichtshof hat entschieden, dass EU-Mitgliedsstaaten Begriffe nicht pauschal verbieten dürfen, solange keine rechtlich vorgeschriebene Bezeichnung besteht und keine Irreführung vorliegt. Befürworter argumentieren, dass Bezeichnungen wie „vegane Wurst“ Orientierung geben, weil sie Konsistenz und Zubereitung beschreiben.

Doch wie glaubwürdig sind Konzerne, wenn sie gleichzeitig mit Symbolen und Siegeln arbeiten, die nicht immer halten, was sie versprechen? Eine rot-weiß-rote Fahne auf der Verpackung bedeutet nicht automatisch, dass ein Produkt aus Österreich stammt. Nachhaltigkeitssiegel garantieren nicht zwingend nachhaltige Produktion. Die Frage, ob es den Handelsriesen tatsächlich um Transparenz für Konsument:innen geht oder um geschicktes Marketing, bleibt offen.