Tiertransporte stehen seit Jahren in der Kritik: Zu lange Fahrzeiten, mangelnde Versorgung mit Wasser und Futter sowie schlechte Bedingungen auf den Transportwegen sorgen für Tierleid. Im Rahmen der EU-Strategie „Vom Hof auf den Tisch“ hat die Europäische Union erkannt, dass die über 20 Jahre alten Vorschriften dringend überarbeitet werden müssen. Ziel ist es, die Transportzeiten zu verkürzen und den Tieren bessere Bedingungen zu bieten.
Die EU will Tierwohl verbessern, doch der Widerstand ist groß
Die geplanten Änderungen beinhalten, dass Fahrten zum Schlachthof maximal neun Stunden dauern dürfen. Zudem sollen Tiere auf längeren Strecken ausreichend versorgt werden. Doch der politische Prozess gestaltet sich zäh. Seit die EU-Kommission Ende 2023 erste Vorschläge präsentierte, bleibt die Umsetzung weitgehend aus. Nach den Europawahlen hoffen Tierschützer, dass eine neue EU-Kommission frischen Schwung in die Debatte bringt.
Österreich als Vorreiter
Österreich arbeitet sowohl national als auch auf EU-Ebene aktiv daran, die Bedingungen für Tiertransporte zu verbessern. Bereits im Jänner 2023 sprach sich Österreich im EU-Agrarrat für strenge Richtlinien bei Lebendtiertransporten aus und forderte, diese so weit wie möglich einzuschränken. Allerdings gingen Länder wie Deutschland und die Niederlande noch weiter und verlangten ein Verbot von Tiertransporten in Länder außerhalb der EU. Österreich hat in den letzten Jahren mehrere Maßnahmen ergriffen, um das Tierwohl während des Transports zu verbessern. Im September 2024 unterzeichnete Tierschutzminister Johannes Rauch eine neue Tiertransportverordnung, die strengere Vorschriften für den Transport von Nutztieren einführt. Diese Verordnung legt unter anderem fest, dass Kälber spätestens alle neun Stunden mit Milch oder Milchersatz gefüttert werden müssen und alle Tiere auf Langstrecken jederzeit Zugang zu Wasser haben sollen. Zudem müssen die Transporttemperaturen zwischen 5 und 30 Grad Celsius liegen, es sei denn, es werden klimatisierte Fahrzeuge verwendet.
Konflikt zwischen Ethik und Ökonomie
Das Thema spaltet die Gesellschaft: Auf der einen Seite steht die Forderung nach mehr Tierwohl, auf der anderen wirtschaftliche Interessen. „Wir müssen Kompromisse finden“, erklärte Paul Berghuis, ein Unternehmer, der auf den Transport von Kälbern spezialisiert ist. Obwohl er moderne Fahrzeuge einsetzt und sich um das Wohlergehen der Tiere bemüht, müsse sein Betrieb profitabel bleiben. Während einer Diskussionsrunde in Brüssel zeigte sich jedoch, dass viele bestehende Vorgaben auf dem Papier bleiben. „Die Regeln werden einfach nicht umgesetzt“, kritisierte Tea Dronjic von der Animal Welfare Foundation. Ein aktueller Skandal an der bulgarisch-türkischen Grenze belegt dies eindrücklich: Wegen eines Formfehlers wurden mehrere Lkw mit Kühen tagelang aufgehalten, die Tiere litten in ihren Exkrementen ohne ausreichende Versorgung.
Kaum Fortschritte trotz großer Probleme
Die Missstände sind bekannt: Überladene Transporter, zu lange Fahrzeiten und fehlende Kontrollen belasten die Tiere enorm. Maria Biedermann vom deutschen Bundesamt für Verbraucherschutz bestätigte, dass Verstöße häufig ungestraft bleiben. „Bei uns stapeln sich die Beanstandungen, ohne dass es Konsequenzen gibt“, erklärte sie resigniert. Gegenwind kommt auch aus der Politik: Der rumänische EU-Abgeordnete Daniel Buda warnte, dass strengere Vorschriften Fleisch verteuern könnten. In ärmeren Mitgliedstaaten fehle es zudem an Infrastruktur und geeigneten Transportfahrzeugen. „Man muss realistisch bleiben“, forderte er und sprach sich gegen umfassende Reformen aus.
Ein Plädoyer für regionale Alternativen
Während die EU nach einer Lösung für dieses komplexe Thema sucht, könnten Verbraucher selbst aktiv werden. Der Einkauf beim regionalen Fleischer des Vertrauens garantiert nicht nur qualitativ hochwertige Produkte, sondern oft auch kürzere Transportwege und bessere Bedingungen für die Tiere. Eine Entscheidung, die sowohl für Tierwohl als auch Umwelt Vorteile bietet.
Ob die EU es schafft, das System der Tiertransporte grundlegend zu reformieren, bleibt ungewiss. Fest steht jedoch: Der Handlungsbedarf ist groß – und alternative Ansätze wie regionale Wertschöpfungsketten könnten einen wichtigen Beitrag leisten. Bleibt alles beim Alten oder bringt eine neue EU-Kommission den erhofften Fortschritt? Für die Tiere, die verantwortungsvolle Fleischbranche und den Verbraucher bleibt zu hoffen, dass nachhaltige und kluge Lösungen gefunden werden.