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Leo Jindrak im Interview: Schlagkraft duch Zusammenarbeit

Leo Jindrak wurde kürzlich als Bundesinnungsmeister des Lebensmittelgewerbes bestätigt. Im Interview spricht der engagierte Branchenvertreter über bürokratische Hürden, notwendige Reformen, die Bedeutung von Wettbewerben – und warum das Handwerk bei der Nachwuchsarbeit stärker in die Öffentlichkeit treten muss.

Leo Jindrak ist eine prägende Persönlichkeit des österreichischen Lebensmittelhandwerks. Als Konditormeister und Inhaber der traditionsreichen Linzer Konditorei Jindrak, die mit neun Filialen und rund 150 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu den Aushängeschildern der Branche zählt, verbindet er unternehmerischen Erfolg mit großem Engagement für das Handwerk.

Seit vielen Jahren setzt sich Jindrak als Innungmeister der Konditoren – sowohl in Oberösterreich als auch auf Bundesebene – für die Interessen seiner Kolleginnen und Kollegen ein. Zudem ist er Vizepräsident der Wirtschaftskammer Oberösterreich.
Mit 1. Februar 2024 übernahm Leo Jindrak eine weitere verantwortungsvolle Rolle: Er wurde oberster Vertreter des österreichischen Lebensmittelgewerbes und folgte damit auf Fleischermeister Willibald Mandl. In der konstituierenden Sitzung Anfang Juli 2025 wurde er nun offiziell für die neue Funktionsperiode bis 2030 als Bundesinnungsmeister bestätigt. Ihm zur Seite stehen weiterhin Bäckermeister Josef Schrott und Fleischermeister Raimund Plautz als Stellvertreter. Welche Schwerpunkte die Bundesinnung in den kommenden fünf Jahren setzen will und wie Leo Jindrak die Zukunft des Lebensmittelhandwerks einschätzt, verrät er im Interview.

Bundesinnungsmeister Leo Jindrak in seinem Element: Der engagierte Konditormeister steht nicht nur für handwerk- liche Qualität, sondern auch für gelebte Freude am Beruf.© Henry Gasselich
Bundesinnungsmeister Leo Jindrak in seinem Element: Der engagierte Konditormeister steht nicht nur für handwerk- liche Qualität, sondern auch für gelebte Freude am Beruf.© Henry Gasselich

Fleisch & Co: Welche Themen stehen in den nächsten Jahren auf der Agenda der Bundesinnung?
Leo Jindrak: Als Bundesinnung ist es unsere Aufgabe, auf nationaler sowie europäischer Ebene Einfluss zu nehmen, um die Geetzgebung und Entwicklungen, die unsere Mitgliedsbetriebe betreffen, frühzeitig zu erkennen und entsprechend zu agieren. Und es gibt viel zu tun. Unsere Betriebe benötigen spürbare Entlastungen durch weniger Bürokratie, ein Nachschärfen bei der Gewerbeordnung, zielgerichtete Förderungen und wesentliche Erleichterungen etwa bei Kontrollen oder im Anlagenrecht.

Fleisch & Co: Wie wird sich die Zusammenarbeit mit den Landesinnungen in den nächsten Jahren gestalten?
Leo Jindrak: Als ich im Februar 2024 das Amt des Bundesinnungsmeisters übernommen habe, war es mir ein großes Anliegen, die Kooperation im gesamten Lebensmittelhandwerk zu forcieren. Das wird auch in Zukunft ein Hauptteil meiner Arbeit sein. Berufsgruppensprecher, Innungsmeister, Ausschussmitglieder und Geschäftsführer treffen sich regelmäßig online und in Präsenz, um über ihre Arbeit und die Themen, die unsere Mitgliedsbetriebe beschäftigen, zu berichten.
Alle Berufsgruppen, ob Fleischer, Bäcker, Konditoren, Müller oder Nahrungs- und Genussmittelerzeuger profitieren von diesem gemeinsamen Austausch. Maßnahmen, die in einem Bundesland erfolgreich umgesetzt wurden, werden von Branchenkollegen aus einem anderen Bundesland aufgegriffen und vice versa. Aber auch Probleme in einer Berufsgruppe, wie etwa die Schweinepest, an der die österreichischen Fleischbetriebe nur knapp vorbeigeschrammt sind, schärfen das Bewusstsein aller, für Krisensituationen gerüstet zu sein. Ich werde zudem meine Roadtour quer durch alle Bundesländer auch in Zukunft fortsetzen und die Landesinnungen, Berufsschulen und Betriebe besuchen, um mir vor Ort ein Bild von den Problemen, aber natürlich auch von den Erfolgen zu machen.

Fleisch & Co: Welche Änderungen sind bei der Gewerbeordnung konkret nötig?
Leo Jindrak: Unsere Betriebe arbeiten sehr gut mit der Landwirtschaft zusammen. Dennoch existiren Ungleichheiten, die behoben werden müssen, damit unsere Betriebe nicht benachteiligt bleiben. Die Abgrenzung, bis wohin noch eine Direktvermarktung vorliegt und ab wann es sich um eine gewerbliche Tätigkeit handelt, ist mehr als schwammig formuliert. Wir fordern daher eine klare Abgrenzung zur direktvermarktenden Landwirtschaft. Es braucht eine produktgruppenbezogene Regelung und ebenso eine entsprechende behördliche Kontrolle. Auch bei den Förderungen fordern wir ein Gleichziehen mit der direktvermarktenden Landwirtschaft.
Ein weiterer Punkt ist die Einschränkung der „häuslichen Nebenbeschäftigung“. Die derzeitige Fassung der häuslichen Nebenbeschäftigung ist ein Anachronismus aus der Nachkriegszeit und überhaupt nicht auf moderne Vermarktungsmöglichkeiten abgestimmt. Es muss klargestellt werden, dass ine Vermarktung über Online-Plattformen, Online-Shops oder Märkte jedenfalls eine gewerbliche Ausübung darstellt und nicht unter die häusliche Nebenbeschäftigung fällt.

Fleisch & Co: Stichwort Entbürokratisierung am Beispiel Entwaldungsrichtlinie: Wo ist Brüssel gefordert?
Leo Jindrak: Die EU verlangt, dass alle in der Wertschöpfungskette den Nachweis erbringen müssen, dass ein Produkt wie etwa Rindfleisch nicht von abgeholzten Flächen stammt – ein Bürokratieaufwand sondergleichen und für KMUs kaum zu stemmen. Es braucht dringend eine deutliche Vereinfachung der Melde- und Weitergabepflichten für KMUs.
In harten Verhandlungen ist es im Vorjahr zumindest gelungen, die Europäische Kommission dazu zu bringen, die Entwaldungsverordnung um ein Jahr zu verschieben. Niemand will Regenwald abholzen, aber dass Österreich, dessen Waldfläche nicht ab-, sondern deutlich zunimmt, dieselben Auflagen haben soll wie Länder, die Raubbau an ihrem Wald betreiben, ist nicht akzeptabel.
Wir haben mit viel Aufwand in der Interessenvertretung Maßnahmenpakete erarbeitet, die deutliche Erleichterungen für die Betriebe bei der Lieferketten-Verordnung und der Nachhaltigkeitsberichterstattung bringen sollen. Diese Maßnahmen und noch viele weitere mehr gehören rasch umgesetzt. Hier ist allerdings noch viel Überzeugungsarbeit in Brüssel nötig, die wir für unsere Mitgliedsbetriebe gern übernehmen. An dieser Stelle möchte ich der Geschäftsführerin der Bundesinnung, Anka Lorencz, und ihrem Team sehr herzlich für die gute Arbeit danken. Sie werden auch in Zukunft im Interesse aller Betriebe ihr Bestes geben, auch wenn es manchmal ein Kampf gegen Wind- mühlen ist.

Fleisch & Co: Ein Dauerbrenner ist der Fachkräftemangel. Was kann man dagegen tun?
Leo Jindrak: Der Arbeitskräftemangel ist leider nach wie vor ein großes Problem, der uns auch in den nächsten Jahren beschäftigen wird. Hier gilt es, an mehreren Schrauben zu drehen. Gute Mitarbeiter bildet man am besten im eigenen Betrieb aus. Das ist aber auch finanziell eine große Herausforderung. Daher ist die Lehrstellenbasisförderung zum Erhalt des Lehrstellenangebots unabdingbar. Ein Streichen dieser Förderung ist ein Sparen am falschen Platz. Ohne die Basisförderung wäre es für viele Betriebe schlichtweg nicht leistbar, weiter Lehrlinge auszubilden.
Von der Politik fordern wir weiters die Freigabe des österreichischen Ausbildungsmarktes für Drittstaatenangehörige, wie es sogar im Regierungsprogramm in Zusammenhang mit der Rot-Weiß-Rot-Karte festgehalten wurde. Und es gilt, Maßnahmen zu setzen, um Fachkräfte wieder rasch in den Arbeitsmarkt einzugliedern. Arbeit muss sich wieder lohnen.

Fleisch & Co: Wie kann man die Öffentlichkeit darüber informieren, dass das Lebensmittelhandwerk attraktive Berufe bietet?
Leo Jindrak: Bei der Nachwuchsarbeit müssen wir alle an einem Strang ziehen und unser Handwerk medienwirksam präsentieren. Gemeinsam mit allen Landesinnungen haben wir für die AustrianSkills – die Staatsmeisterschaften der Handwerksberufe – unsere Ressourcen gebündelt und die finanziellen Mittel bereitgestellt. Unserem Nachwuchs an Konditoren, Bäckern und Fleischern steht für die Vorbereitung zu diesem Wettbewerb ein erstklassiges Expertenteam an Trainern zur Verfügung.

Fleisch & Co: Zum ersten Mal werden die AustrianSkills der Lebensmittelgewerbe öffentlich stattfinden. Was ist der Grund dafür?
Leo Jindrak: Die Staatsmeisterschaften für die Lebensmittelgewerbe werden von 20. bis 23. November 2025 im Rahmen der Messe für Beruf, Studium und Weiterbildung (BeSt3, Anm.) in Salzburg stattfinden. Das Interesse des Branchennachwuchses ist groß, zahlreiche Anmeldungen sind aus allen Berufsgruppen eingelangt. Die Veranstaltung ist für die Öffentlichkeit frei und kostenlos zugänglich und damit auch eine hervorragende Werbung für unser Handwerk. Schon so mancher Besucher hat hier seinen idealen Lehrberuf gefunden. Vor allem bekommen wir große Aufmerksamkeit in den Massenmedien und wecken so auch quer durch alle Bevölkerungsschichten Interesse an den Berufen. Veranstaltungen wie diese bringen unseren Branchen ein unbezahlbares Medienecho.
Die „neuen“ Staatsmeisterinnen und -meister können in weiterer Folge ihr Können auch bei nationalen wie internationalen Bewerben zeigen. International konnten ös-terreichische Teilnehmer bei den Berufswettbewerben EuroSkills und WorldSkills in den letzten Jahre bereits einige Titel und Medaillen holen. Beispielsweise wurde der Beruf der Fleischverarbeitung bei den WorldSkills 2024 zum allerersten Mal als Demonstrationsbewerb weltweit präsentiert. Und Österreich konnte damals gegen eine extrem starke Konkurrenz auf Anhieb die Bronzemedaille erringen.

Fleisch & Co: Im September findet der 25. Internationale Fachwettbewerb für Fleisch und Wurstwaren statt. Welchen Nutzen haben fleischverarbeitende Betriebe, wenn sie daran teilnehmen?
Leo Jindrak: Der Internationale Fachwettbewerb für Fleisch- und Wurstwarten, der von 16. bis 18. September 2025 im Fleischkompetenzzentrum Klagenfurt stattfindet, bietet den Betrieben die Chance, ihre Produkte vor den Vorhang zu holen. Die handwerkliche Perfektion und ausgezeichnete Qualität stehen im Mittelpunkt. Eine internationale Fachjury prüft die eingereichten Produkte der Betriebe und freut sich über die gesamte Bandbreite der Berufskunst und vor allem darüber, der Öffentlichkeit anschließend die Top-Produkte aus dem Handwerk zu präsentieren.
Mit der Teilnahme am Fachwettbewerb erlangen viele Produkte einen höheren Bekanntheitsgrad, und Betriebe können zudem zeigen, was sie zu bieten haben. Die Teilnahme und folglich die Bewertung verschiedener Produkte und Serien gibt wieder neuen Ansporn und Motivation, noch besser zu werden und sich von anderen gezielt abzuheben. Lassen Sie sich die Gelegenheit nicht entgehen und nehmen Sie teil.
Der Wettbewerb bietet nicht nur österreichischen Fleischerbetrieben, sondern auch Produzenten aus aller Welt eine großartige Möglichkeit, ihre ausgezeichneten Handwerksprodukte zu präsentieren und fachlich bewerten zu lassen.

Fleisch & Co: Zusammenarbeit ist Ihnen ein wichtiges Anliegen. Gemeinsam statt einsam als Devise?
Leo Jindrak: Unsere Anliegen als Lebensmittelhandwerker können wir nur gemeinsam und mit Stärke voranbringen. Eine Interessenvertretung ohne Rückhalt ihrer Mitglieder kann sich nicht das nötige Gehör verschaffen, um auf die Gesetzgebung und auf bevorstehende Entwicklungen Einluss zu nehmen. Daher darf ich mich an dieser Stelle sehr herzlich für Ihre Teilnahme an den Wirtschaftskammerwahlen bedanken.
Gemeinsam mit meinen Kolleginnen und Kollegen werde ich mit voller Energie für Sie arbeiten. Wenn wir unsere Kräfte bündeln, dann profitieren wir alle voneinander. Davon bin ich fest überzeugt.

Fleisch & Co: Wir danken für das Gespräch und wünschen viel Erfolg.

Auorin: Hilde Resch

Fleisch & Co

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