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Die Bundeslehrlingswettbewerbs-Siegerin im großen Interview

Fleischereilehrling Marina Gandler hat sich in einer Männerdomäne erfolgreich durchgesetzt und heuer den begehrten Titel „Bundeslehrlingssiegerin der Fleischer 2019“ geholt. Im Interview erzählt die Auszubildende in der Metzgerei Huber, warum Fleischerin ihr Traumberuf ist.

Beim „Heiteren Beruferaten“ würde Marinas Schweinchen randvoll werden: Denn auf den ersten Blick traut man der 20-jährigen Tirolerin nicht zu, dass ihr Traumberuf Metzgerin ist. Doch wenn sie über ihre Arbeit und das Produkt Fleisch zu sprechen beginnt, leuchten ihre Augen, und sofort ist jeder Zweifel weggewischt: Marina Gandler ist mit Leib und Seele Fleischerin.

Und eine sehr erfolgreiche dazu: Im Juni konnte sich die junge Frau beim Bundeslehrlingswettbewerb in Hollabrunn mit insgesamt 661,500 Punkten gegen ihre männliche Konkurrenz durchsetzen und sich den begehrten Titel „Bundeslehrlingssiegerin 2019“ holen – auch in „Ausbeinen“ war sie die Beste und ist somit das erste Mädel, dass diese Disziplin gewonnen hat. Fleisch & Co traf die glückliche Metzgerin, die ihre Ausbildung in der Metzgerei Huber in Oberndorf macht, zum Gespräch.

Fleisch & Co: Was war für Dich die größte Herausforderung beim Wettbewerb?

Marina Gandler: „Die Vorbereitungen auf den Bundeswettbewerb waren sehr intensiv und nicht immer leicht. Ich war zu der Zeit in der Berufsschule und hatte somit untertags nicht viele Möglichkeiten zum Trainieren. Mein Anspruch an mich selber ist immer sehr hoch, und es war schon ein großer Druck zu wissen, was alles in der wenigen Zeit zu tun ist.

Rund drei Wochen vor dem Wettbewerb kannten wir dann unsere Aufgaben, und von da an ging’s „ans Eingemachte“. Mein größtes Anliegen war, dass ich es schaffe, die Aufgaben in der vorgegebenen Zeit zu absolvieren – und mit diesem Ziel bin ich dann auch nach Hollabrunn gefahren.

Natürlich will jeder sein Bestes geben, ich wollte aber in erster Linie einfach innerhalb des Zeitlimis fertig werden. Das ist mir gut geglückt, und während des Wettbewerbs habe ich bald für mich gemerkt, „es läuft richtig gut!“ – dann hatte ich auch immer mehr Spaß bei der Sache.
Die Stimmung beim Bundeswettbewerb und der Teamgeist unter den Teilnehmern war schlussendlich jede Minute Vorbereitung wert. Es gab keinen fiesen Konkurrenzkampf, sondern alle halfen zusammen. Zu sehen, was aus den verschiedenen Fleischteilen entsteht und wie jeder anders an die Aufgabe heranging, war super spannend zu beobachten.“

Fleisch & Co: Was gefällt Dir den deinem Beruf?

Marina Gandler: „Das werde ich oft gefragt, und es ist schwierig zu beantworten. Ich glaube aber, man spürt einfach, dass es passt. Ich bin auf einem Bauernhof aufgewachsen und das Interesse für Tiere war immer da. Auf dem Bauernhof lernte ich früh den Kreislauf des Lebens kennen, und mich hat immer schon interessiert, wie es mit den Tieren weitergeht.

Meine Mama hat mich stets in der Küche eingebunden und sonntags etwa Schnitzel schneiden lassen. Das hat mir gefallen, und ich habe angefangen weiterzudenken: Woher kommt denn das Fleisch, und welchen Weg hat es hinter sich? Heute sehe ich, wie jeder Muskel aussieht, jedes Fleischteil oder sehe den Knochenaufbau bei den Tieren, und das ist für mich eine unglaubliche Bereicherung.“

Fleisch & Co: Als Frau in einer Männerdomäne ist wohl auch nicht immer leicht …

Marina Gandler: „Nein, das ist nicht immer leicht. Ich bin auch zuerst in eine Fachschule gegangen, weil ich mich damals mit 15 Jahren noch nicht bereit gefühlt habe, in einer Metzgerei zu stehen. Und auch wenn heute viel mit der Technik geht, es braucht schon auch ordentliche Muskelkraft.

Anfangs waren viele Arbeiten zu schwer für mich, oder ich war einfach zu klein. Da braucht es dann schon eine gewisse Selbstsicherheit zu sagen: Ich stell’ mich jetzt auf ein Stockerl oder bitt’ um Hilfe. Aber nach drei Jahren Lehre kann ich wirklich sagen: Alles geht irgendwann auch als Frau sehr gut.“

Fleisch & Co: Welchen Bereich magst Du am liebsten?

Marina Gandler: „Ich arbeite sehr gerne in der Zerlegung, das macht mir schon Spaß. Beim Ausbeinen und Zerlegen arbeite ich sehr genau und gewissenhaft, das ist mir einfach wichtig, dass da alles wirklich passt. Beim heurigen Bundeswettbewerb war das Ausbeinen auch gleich die erste Aufgabe.

Dass ich da mein ganzes Können zeigen konnte, freut mich wirklich besonders, und hier bin ich tatsächlich das allererste Mädel, das sich gegen die Jungs durchsetzen konnte.“

Fleisch & Co: Was planst Du für Deine berufliche Zukunft?

Marina Gandler: „Im August habe ich jetzt meine Lehre abgeschlossen, und im Herbst folgt noch die Lehrabschlussprüfung. Darauf arbeite ich im Moment voll hin und freue mich schon darauf, dann als Gesellin weiterarbeiten zu können.“

Fleisch & Co: Wie siehst Du die Zukunft der Fleischbranche?

Marina Gandler: „Dadurch, dass ich auf einem Bauernhof aufgewachsen bin, war es für mich selbstverständlich zu wissen, woher unser Fleisch kommt. Wenn es am Sonntag Schnitzel gab, dann war das von unseren Schweinen.

Ich glaube, dass die Menschen wieder mehr Bezug zu ihren Lebensmitteln brauchen – und hier kann der Metzger voll punkten, denn nur hier im Fachhandel kann man nachfragen, woher denn das Tier kommt, wie es gehalten und verarbeitet wurde oder was man mit diesem Stück in der Küche alles tun kann. Und dann sind die Konsumenten auch bereit, mehr Geld für das Produkt auszugeben.“

Fleisch & Co: Was macht eine junge Metzgerin eigentlich in der Freizeit?

Marina Gandler: „Geboren und aufgewachsen bin ich in Jochberg, am Bauernhof meiner Eltern. Vor Kurzem bin ich in meine erste eigene Wohnung nach Kirchberg gezogen.

Da wir Metzger immer schon sehr früh aufstehen, sind wir dafür nachmittags gegen drei Uhr auch schon fertig – so bleibt dann auch Zeit für Hobbys. Ich mache sehr gerne Sport, sei es in der Natur beim Wandern oder Skitouren gehen oder auch im Fitnesscenter.

Sport ist für mich einfach ein super Ausgleich, um abzuschalten, auszuatmen, und nebenbei sammle ich natürlich viel Kraft – auch für meinen Beruf.“

Fleisch & Co

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