Wiener Fleischmarkt f-eins vor dem Aus: Kündigungen, Streit und offene Fragen

Wiener Fleischmarkt f-eins vor dem Aus: Kündigungen, Streit und offene Fragen
Wiener Fleischmarkt f-eins vor dem Ende? Verkauf hinter dem Rücken der Mieter
Hinter dem Rücken der Betreiber und Mieter verkaufte der Versicherungsriese Uniqa, seit Jahren Eigentümer des Wiener Fleischgroßmarktes f-eins, die Anlage 2024 an die Marysa GmbH. Diese steht im Besitz von Etsan-Gründer Hüseyin Ünal. Wenige Monate nach dem Eigentümerwechsel erhielten die verbliebenen Mieter bereits Kündigungen zum 31. Dezember 2025. Die Stimmung in der Halle ist dementsprechend angespannt.
Andreas Steiner, einer der verbliebenen Mieter, erinnert sich: „Der Fleischmarkt Wien hatte von Anfang an mit großen Problemen zu kämpfen. Die Mieten waren exorbitant hoch, viele der ursprünglich 19 Erstmieter mussten schon nach wenigen Jahren aufgeben. Die Stadt Wien, die das Projekt zwar gefördert hatte, hat den Wiener:innen nie richtig vermittelt, dass der Fleischmarkt auch für Privatkunden offenstand. Am Ende blieb er ein Geheimtipp für Feinschmecker, während Gastronomie, Fleischer und kleine Händler die Hauptkundschaft bildeten.“
Stadt Wien verzichtet auf Vorkaufsrecht
Von den ursprünglich zehn Fleischern im f-eins sind heute nur mehr drei übrig: die Betriebe Steiner, Grögl und Szabo. Dazu kommen vier weitere Anbieter. In dieser geringen Auslastung liegt auch der Grund, warum die Stadt Wien ihr Vorkaufsrecht beim Verkauf nicht ausübte. Die zuständige MA 69 erklärte gegenüber einer Gratiszeitung: „Die Ausübung des Vorkaufsrechts wurde nach Rücksprache mit der MA 59, MA 5 und Großmarkt Wien auf Basis wirtschaftlicher und strategischer Kriterien nicht ausgeübt.“
Im September 2024 ging der Fleischmarkt schließlich an Etsan-Gründer Hüseyin Ünal. Mieter und Betreiber erfuhren erst Monate später von dem Eigentümerwechsel. Kurz darauf folgten die Kündigungen. „Da zieht es einem den Boden unter den Füßen weg. Rund 100 Arbeitsplätze stehen auf dem Spiel“, sagt Franz Grögl, Geschäftsführer und Gesellschafter von f-eins. Andreas Steiner ergänzt: „Ich habe mit dem neuen Eigentümer gesprochen, der mir zusicherte, alles bleibe beim Alten. Am 30. Dezember kam dann die Kündigung – das ist die bittere Realität.“
Offene Fragen und fehlende Antworten
Besonders brisant: Die Stadt Wien hatte das Projekt 2007 mit 6,1 Millionen Euro gefördert. Damals unterzeichnete Franz Grögl einen Baurechtsvertrag, der ihn verpflichtet, den Betrieb 20 Jahre lang aufrechtzuerhalten – bis 31. Dezember 2027. „Die finanzielle Haftung bei Nichteinhaltung trifft mich persönlich“, so Grögl.
Trotz mehrfacher Urgenzen blieb die Stadt Wien bislang untätig. Schon im Frühjahr 2025 wandten sich Mieter und Betreiber mit der Bitte um Klärung an die Stadt. Sogar ein persönliches Gespräch mit Bürgermeister Michael Ludwig brachte keine Ergebnisse. „Die letzte Antwortfrist der Stadt ist Ende August abgelaufen. Bis heute haben wir keine Rückmeldung“, sagt Andreas Steiner.
Gespräche mit dem neuen Eigentümer
Ein Bericht in der Gratiszeitung Heute brachte schließlich Bewegung in die Sache. Der Sohn des neuen Eigentümers, Immobilienunternehmer Abdullah Ünal, suchte das Gespräch mit den Betreibern. „Offensichtlich war es nicht recht, dass wir uns an die Medien gewandt haben“, so Grögl. Doch geändert habe sich nichts – die Kündigungen bleiben bestehen.
Forderungen der Betreiber
„Wir wollen weiterhin die Versorgung Wiens mit hochwertigem Fleisch sicherstellen. Rund 15 Prozent des Wiener Fleischbedarfs wurden über f-eins abgewickelt. Dafür brauchen wir Planungssicherheit“, fordern Grögl und Steiner.
Ein weiterer Punkt: Der Fleischmarkt f-eins in Inzersdorf ist Teil des Wiener Katastrophenschutzplans und gilt als systemrelevanter Betrieb. Sein Ende würde nicht nur Unternehmer, sondern auch die Infrastruktur der Stadt betreffen.
Autor: HaRo