Kerntemperatur neu gedacht: wie die DKA-Methode das Garen revolutioniert

Kerntemperatur neu gedacht: wie die DKA-Methode das Garen revolutioniert
Ein Steak istb kein Zahlenrätsel. Und dennoch haben sich fixe Temperaturwerte in die Köpfe von Profis und Amateuren eingebrannt – 56 °C für Medium gilt vielerorts als unumstößliches Gesetz. Doch Fleisch ist längst nicht mehr das von früher. Mit der Dynamischen Kerntemperatur-Analyse (DKA) stellt der Wiener Fleischsommelier Ronny Paulusch ein praxisnahes Konzept vor, das wissenschaftliche Erkenntnisse mit kulinarischer Präzision verbindet – und zur IFFA 2025 als Fachdossier vorgestellt wurde.
Zwischen Lehrbuch und Reifeschrank
Medium ist nicht immer 56 °C“ – diese provokante Aussage prangt über einem Steak mit Thermometer und bringt auf den Punkt, was viele Praktiker zwar fühlen, aber selten aussprechen: Die alten Kerntemperaturwerte greifen zu kurz. Zu starr, zu pauschal – und zu wenig angepasst an die neue Realität der Fleischqualität. Ronny Paulusch, Diplom-Fleischsommelier und Geschäftsführer der M.E.A.T. GmbH, stellt mit der DKA-Methode ein Modell vor, das diesen Denkfehler konsequent auflöst.
Die klassische Temperaturlehre stammt aus einer Zeit in der die Reifung, Rassevielfalt und Marmorierung kaum Einluss auf die Zubereitung hatten. Paulusch sieht darin ein Problem: „Fleisch hat sich weiterentwickelt – unsere Temperaturtabellen nicht.“ Wer heute mit Wagyu, Dry Aged Beef oder grasgefüttertem Jungbullen arbeitet, könne mit Einheitswerten nicht das volle Potenzial herausholen.

Was ist die DKA?
Die Dynamische Kerntemperatur-Analyse betrachtet jedes Fleischstück als thermodynamisches Individuum. Statt fixen Zahlen folgt sie dem Prinzip: Struktur schlägt Standard.
Berücksichtigt werden Fasergröße, Wassergehalt, Marmorierung, Reifegrad, Tierkategorie und Fütterung. Das Ziel: ein sftigeres, zarteres, aromatischeres Fleisch – mit exakt der richtigen Energie. Gereiftes Fleisch braucht weniger Hitze, grobfaseriges mehr. Hochmarmoriertes verzeiht mehr, feinfaseriges weniger.
Ein Filet ist eben kein Flanksteak. Und ein acht Wochen altes Dry Aged Ribeye reagiert thermisch völlig anders als ein frisches Rumpsteak vom Jungbullen. Die DKA übersetzt diese Unterschiede in präzise Temperatur-Empfehlungen – nicht aus dem Bauch heraus, sondern auf Basis fundierter physikalischer Modelle.
Warum das wichtig ist
In der Praxis heißt das: Wer weiter mit starren Werten arbeitet, läuft Gefahr, feines Fleisch zu übergaren oder grobes Fleisch zäh zu servieren. Das Fachdossier liefert klare Tabellen, differenziert nach Cut, Reifegrad und Fleischtyp. Ein Ribeye medium? Vielleicht bei 54 Grad. Ein gereiftes Bavette? Eher bei 52 Grad. Und ein Filet? Unter Umständen schon bei 48 Grad perfekt.
Für Paulusch ist das mehr als Theorie: „Was früher Gefühl war, wird durch die DKA zur Methode.“ Genau das macht das Konzept so relevant für Profis aus Fleischverarbeitung, Gastronomie und kulinarischer Ausbildung.
Lernen, anwenden, schmecken
Die DKA ist nicht nur ein System für Tabellen, sondern für Schulung. Paulusch bietet praxisnahe Fortbildungen an – direkt im Betrieb oder digital. Das Ziel ist ein tieferes Verständnis für thermische Eigenschaften, bessere Beratung an der Theke und präzisere Ergebnisse in der Küche. „Gutes Fleisch verdient mehr als eine Durchschnittstemperatur“, sagt Paulusch, „es verdient die richtige – für genau dieses Stück.“
Ein Konzept mit Zukunft
Gerade jetzt sei der richtige Zeitpunkt, über die DKA zu sprechen, betont Paulusch:
„In Zeiten, in denen das Handwerk oft unter Preis- und Effienzdruck gerät, ist es umso wichtiger, echte Fleischkompetenz sichtbar zu machen – und sie in klare, nachvollziehbare Systeme zu bringen. Genau das versucht die DKA: nicht noch mehr Theorie, sondern eine Methode, die in der Praxis funktioniert und die Qualität dorthin zurückbringt, wo sie hingehört – ins Zentrum.“
Ein weiterer Schritt: Die DKA ist inzwischen auch als Wortmarke offziell eingetragen. „Dabei geht es weniger um den Schutzanspruch, sondern vielmehr darum zu zeigen, dass es sich um ein strukturiertes, nachhaltiges Konzept handelt, das ich gezielt weiterentwickle – für künftige Fachkommunikation, Schulungen und eine perspektivisch internationale Lizenzierung.“
Zudem arbeitet Paulusch gerade an einer DKA-App mit KI-gestütztem Algorithmus, die vor Weihnachten als Web-Version und rechtzeitig zur Grillsaison 2026 auch im App- und Playstore erscheinen wird.
Lesen Sie auf unserer Seite auch das Interview mit Ronny Paulusch zum Thema.

