Ein nachhaltiges Ernährungssystem leistet einen wichtigen Beitrag bei den Bestrebungen gegen den fortschreitenden Klimawandel. Das belegt nicht zuletzt die Fülle an Initiativen der EU, die sich der Lebensmittel-Wertschöpfungskette widmen, allen voran die Farm-to-Fork-Strategie. Teil dessen ist das Thema Lebensmittelverschwendung, denn aktuell landet ca. ein Drittel aller Lebensmittel im Müll, obwohl sie noch genießbar wären. Über 60 Prozent fallen in den Privathaushalten an. Hauptursachen sind dabei fehlendes Wissen über Mindesthaltbarkeits– und Verbrauchsdatum, mangelnde Resteverwertung und suboptimale Einkaufsplanung. Das forum. ernährung heute (f.eh) hat daher im Bildungscluster „Dialog mit der Gesellschaft“ eine Sensibilisierungskampagne lanciert. f.eh-Geschäftsführerin Marlies Gruber unterstreicht zudem die Bedeutung und positiven Effekte einer umfassenden Ernährungs- und Verbraucherbildung in Schulen: „Wissen über die Produktion und Herkunft schafft Wertschätzung und einen bewussteren Umgang mit Lebensmitteln. Eine fundierte Ernährungskompetenz bildet die Grundlage für eine gesunde und nachhaltige Lebensmittelauswahl und -verwendung. Für ein nachhaltiges Ernährungssystem braucht es mündige Bürger, die eigeninitiativ entsprechende Essentscheidungen treffen.“
Lebensmittelabfälle zu 55% Brot & Gebäck und Obst & Gemüse
In Österreich landen laut Klimaschutz-Ministerium jährlich 210.000 Tonnen Brot im Müll (BMK, 2021). Auf Basis der verwendeten Mehl- und damit Getreidemenge für Weizenbrot entspricht das über 10.500 Hektar Fläche – also ein Viertel der Fläche Wiens. Gemeinsam mit Obst und Gemüse machen Brot und Gebäck insgesamt 55 % der Lebensmittelabfälle aus. Dadurch werden entlang der gesamten Wertschöpfungskette wertvolle Böden, Ressourcen wie Wasser, Dünge- und Pflanzenschutzmittel, Treibstoff, Arbeitszeit, Energie und Saatgut verschwendet. Gleichzeitig verursacht Food Waste unnötige Treibhausgas-Emissionen. Laut BMK-Zahlen fallen in den Privathaushalten mit einem Anteil von über 60 % die meisten Lebensmittelabfälle an.
Food Waste mit Bildung vorbeugen
Gründe für die Lebensmittelverschwendung sind einem WWF-Bericht aus 2020 zufolge fehlende Zeit für die Zubereitung (55 %) sowie ein Mangel an entsprechenden Lagerungsmöglichkeiten und Kochideen (jeweils rund 20 %). Das f.eh hat daher gemeinsam mit Projektpartnern des Bildungsclusters „Dialog mit der Gesellschaft“ eine Kampagne lanciert, um für die Vermeidung von Food Waste zu sensibilisieren. Sie wollen mehr Bewusstsein für die Folgen von Lebensmittelverschwendung schaffen und zeigen, dass sie mit ein paar Änderungen der persönlichen Gewohnheiten effektiv zu vermindern ist. Marlies Gruber betont dazu den Nachhaltigkeitseffekt einer umfassenden Ernährungs- und Verbraucherbildung in Schulen: „Dabei wird nicht nur vermittelt, wie Lebensmittel produziert und welche Ressourcen verwendet, sondern auch wie Speisen zubereitet und Reste kreativ verwertet werden können. Das kommt der Nachhaltigkeit zugute und steigert das Genusserlebnis.“
Reste verwerten, Klima schützen
Zudem bietet das f.eh Ideen und Tipps für den Einkauf, die Lagerung und Verwertung von Lebensmitteln, um Food Waste zu reduzieren. Generell ist es hilfreich, den Einkauf zu planen und überlegt einzukaufen, am besten mit Einkaufszettel. Auch die Lagerung ist ein entscheidender Faktor, wie das f.eh anhand von Obst und Gemüse zeigt: Kälteempfindliche Obst- und Gemüsesorten wie Zitrusfrüchte, Bananen, Tomaten oder Gurken sollten nicht im Kühlschrank aufbewahrt werden, da sie sonst austrocknen, braun werden oder glasige Stellen bekommen. Frische- und Vitaminverluste bei Gemüse und Früchten lassen sich vermeiden, indem Brokkoli, Erdbeeren und Co. in luftdurchlässigen Folien kühl gelagert und erst nach dem Waschen zerkleinert werden. Ethenreiche Obstsorten wie Äpfel lassen andere Früchte schneller reifen und verderben, sie sollten daher von diesen getrennt werden. Besser wäre, Äpfel – ebenso wie Kartoffeln und Zwiebeln – im kühlen Keller oder in der dunklen Abstellkammer aufzubewahren.
Resteverwertung: kreativ und sparsam
Auch für die kreative Resteverwertung gibt das f.eh Tipps, etwa für Brot und Gebäck. Größere Mengen kann man portionieren und einfrieren, ansonsten gilt: luftdurchlässig lagern. Gebäck vom Vortag kann man befeuchten und noch einmal kurz aufbacken, damit wird es wieder resch und knusprig. Hartes Brot kann zu Bröseln gerieben oder zu Würfeln geschnitten und als Knödelbrot verwendet werden. In Olivenöl und mit Kräutern geröstet ergibt hartes Brot eine knusprige Suppeneinlage oder Croutons für Salate. Aufgeweicht eignet sich altes Brot zudem für Aufläufe sowie für Brotsuppen.
Mindesthaltbarkeitsdatum richtig interpretieren
Ein weiteres Beispiel für fehlendes Wissen über Lebensmittel, das die Lebensmittelverschwendung befeuert, sind das Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD) und dessen Bedeutung: Es beschreibt den Zeitpunkt, bis zu dem ein ungeöffnetes Lebensmittel bei angemessener Lagerung seine produkttypischen Eigenschaften behält – sprich, bei Geschmack, Geruch, Konsistenz, Farbe und Nährwerte im Vergleich zum Abpacktag unverändert ist. Hersteller garantieren bis zu diesem Datum die Qualität und Genießbarkeit des Produktes. Viele Lebensmittel sind über diesen Zeitpunkt hinaus noch einige Tage bis Wochen verzehrbar. Dann kann jeder Einzelne über Geruch, Geschmack und Aussehen feststellen, ob das Produkt noch genießbar ist. Oftmals landen die Lebensmittel aber „ungeschaut“ bereits beim Überschreiten des MHD im Müll. Dabei wird das MHD mit dem Verbrauchsdatum („zu verbrauchen bis“) verwechselt, das schnell verderbliche Waren wie frischen Fisch, Frischfleisch, Faschiertes oder Rohmilch tragen. Diese Produkte sind nicht mehr zum Verzehr geeignet, wenn das Datum überschritten wurde.