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Fleisch vom Höllerschmid: Höllisch gut

90 Mitarbeiter, 10.000 Quadratmeter und eine Fleischbank, die ihre Schätze in schmucken Vitrinen präsentiert. Das ist Höllerschmid am Kamp. Seit 2019 führt Sohn Christoph, 28, das Tagesgeschäft. Wie das System funktioniert und was die Höllerschmids so vorhaben – Fleisch & Co-Autor Marko Locatin hat es vor Ort erkundet.

„Fleisch vom Höllerschmid“ gilt in der Gastronomie seit vielen Jahren als verlässliche Qualitätsmarke, die Manfred Höllerschmid in jahrelanger Arbeit flächendeckend etablieren konnte. Manfred Höllerschmid ist ein Mann, der wenig dem Zufall überlässt. Gleichbleibend gute Qualität, präzise Herkuftsbezeichnungen (sein Slogan: „Weil’s nicht Wurscht is, wo’s herkommt”), verlässliche Verfügbarkeit und Fleisch als Marke sind die Eckpfeiler seines Erfolges.

Nun aber tritt endgültig Sohn Christoph, der bereits seit 2019 das Tagesgeschäft führt, in Vaters Fußstapfen. Wir haben einen Rundgang durch das Unternehmen gemacht und mit den Höllerschmids gesprochen. Mit Manfred, immer quirlig, immer auf dem Sprung, sprühend vor Ideen, und mit Sohn Christoph, Lebensmi!eltechniker, ruhig, bedacht, kreativ. Die Temperamente mögen sich ja unterscheiden, klare Vorstellungen von ihrem Unternehmen haben beide. Wir haben den Standort erkundet und Christoph Höllerschmid gefragt, was er in nächster Zeit plant. Aber: alles der Reihe nach.

Walkersdorf am Kamp: Eine Bank, der etwas anderen Art

Wir befinden uns in Walkersdorf am Kamp, wo einige Meter vom Bahnhof entfernt in der Gewerbestraße auf Nummer 19 eine Bank liegt. Eine Bank, der anderen Art freilich: Man kein Geld abheben, dennoch aber beherbergt auch sie wertvolle Schätze. 2016 eröffnete hier die „Fleischbank“, der für Endkunden sichtbare Teil des dahinterliegenden Fleischereibetriebs, der seit 1998 besteht. Höllerschmids präsentieren hier ihre Schätze in schmucken Vitrinen, fast wie beim Juwelier.
Die Idee: Dem Produkt die Wertigkeit geben, die ihm zusteht, oder wie der Manfred sagt: „Louis Vuitton für Männer“. Er freue sich jedenfalls jeden Tag an dem Anblick, wenn er in die Firma kommt. Wie auch die Endkunden, die hier gustieren, verkosten und kaufen. Sohn Christoph sieht das etwas nüchterner, nämlich als „handwerkliche Produkte in modernem Verkaufsumfeld“. Durch die Pandemie seien sie gut gekommen, sagen sie unisono, da habe sich die nicht unbeträchtliche Investition in die Fleischbank gelohnt.

So chic ist die Höllerschmids „Fleischbank” in Walkersdorf am Kamp. © Beigestellt

Fleischbank Höllerschmid: Beste Produkte im Tresor der Bank

Wir beginnen – wie könnte es anders sein, herzlichen Dank dafür – mit einer Verkostung: herrlich marmorierter Beinschinken, Speck mit Fettrandl, rosa Roastbeef und Wurst liegen appetitlich auf einem Holzbrettl. Dazu wird Gebäck von Joseph gereicht. Das offerierte Glaserl Wein trinken wir später. Sinn für guten Wein haben übrigens Senior wie Junior. Burgund und Wachau etwa.
Herausragend der Speck mit Schmelz vom Ötscherblickschwein, eine Exklusivmarke und Züchtung der Höllerschmids, von welcher hier noch die Rede sein wird. Nach dem Vergnügen kommt die Arbeit – oder war’s umgekehrt? Wir also – penible Hygiene ist hier natürlich Pflicht – in ein schickes Plastikhauberl, einen ebensolchen Mantel sowie Schuhschutz gehüllt, gelangen wir in den „Tresor der Bank“, nämlich in die direkt hinter den Verkaufs- und Verkostungsräumen liegende Fleischproduktion. Zur Seite steht uns übrigens Außendienstmitarbeiter und Kundenbetreuer Stefan Waldbauer, denn die Höllerschmids sind, wie so oft, im Stress.

Der Fleischereibetrieb Höllerschmid hat sich zum qualitativ hochwertigen Rundumversorger für Gastronomie und Endkundschaft entwickelt. Bekannteste Marke: das Ötscherblick- Schwein. © Beigestellt

Fleischwaren Höllerschmid: Beeindruckende Logistik

Rund 20 Tonnen Rindfleisch und fünf Tonnen Schwein pro Woche werden hier zerlegt und portioniert, dazu noch jeden Menge Wild und Geflügel. Auch die Logistik ist beeindruckend: Die Gastronomie beliefert Höllerschmid in Ostösterreich mit eigenem Fuhrpark. Zehn Lkws pendeln ab 5 Uhr früh zwischen Kamp und Kundschaft. Für Endverbraucher existiert ein Expresszustelldienst, der ab 100 Euro Bestellwert österreichweit gratis binnen zwei Tagen liefert.

„Wir bekommen die Schweine in Hälften, Rinder in Vierteln angeliefert, bei uns wird zerlegt, so weit möglich verarbeitet und veredelt. Im Schweinefleisch-Bereich auch Schinken und Wurst. „Für die Gastronomie portionieren wir hier auch Schnitzel und Gulasch“, sagt Waldbauer.
Rund 90 Mitarbeiter kontrollieren, selektieren, verarbeiten und verpacken jede Wochen Tonnen an Rind-, Schwein- und Kalbfleisch. Erste Station: der Anlieferungsbereich, wo die Ware u. a. auf Gewicht, Herkunft, Temperatur und pH-Wert kontrolliert wird. Danach geht es zu den Verarbeitern, die, wie wir uns überzeugen konnten, gut gelaunt, riesige Portionen in kurzer Zeit präzise zurechtschneiden. Durch eine weitere Schneise gelangt man in die Kühl- und Reiferäume, wo ein ausgeklügeltes System für perfekte Lagerung sowie Reifung sorgt.

Fleischreifung a al Höllerschmid: Dry Age im Kernfett

Apropos Reifung. Waldbauer: „Wir selektieren bei der Warenübernahme entschieden nach Qualitätskriterien, was wir wie verwenden. Der Englische, der Rücken bleibt im Ganzen und kommt in einen der fünf Reiferäume, denn das Produkt soll fünf Wochen reifen. Bei uns bedeutet das, dass die wertvollen Fleischteile in diesen Wochen möglichst berührungsfrei abhängen können. Um das Austrocknen zu verhindern, bestreichen wir die Teile mit Kernfett der Biorinder.“ Schließlich wird noch verpackt, etikettiert und die Ware in Kisten zur Bestellung fertig gemacht. Nun kommen wir zur Herkunft der Ware.

Dry-Aged-Beef: Um das Austrocknen zu verhindern, werden die Teile mit Kernfett der Biorinder bestrichen. © Beigestellt

Die Herkunftskennzeichnung steht dem Konsumenten zu

„Herkunftskennzeichnung ist ja ein Riesenthema in der Gastronomie. Soll das kommen oder reicht ein ‚Fleisch vom Höllerschmid?“ „Ich bin ein schwerster Befürworter der Herkunftsbezeichnung der Gastronomie“, unterstreicht Manfred Höllerschmid, denn: „Ich finde es steht jedem Konsumenten zu, zu wissen, was man isst. Man soll sie als Chance und Verpflichtung begreifen. Auch wenn das Kalb aus Holland ist. Wir sind transparent.“ Spätestens seit 1998, als sie als einer der ersten Fleischereibetriebe des Landes die genaue Herkunftsbezeichnung eingeführt haben. Diese befindet sich heute auf jedem Produkt. Ein weiterer wichtiger Baustein zur Marke Höllerschmid ist die Vermarktung bestimmter Produkte unter einem Markennamen.

Hans & Heidemarie Ortner züchten das Ötscherblickschwein in Streng­berg (NÖ) aus­schließ­lich für Höllerschmid. © Beigestellt

Exklusivmarke Ötscherblickschwein

Als bekannteste Marke gilt das „Ötscherblickschwein“, eine von Höllerschmid initiierte neue Kreuzung aus Edelschwein (Mutter) und Duroc (Vater). Die aktiven Tiere werden von Hans und Heidemarie Ortner auf ihrem Vierkanthof bei Strengberg in Niederösterreich für Höllerschmid gezüchtet. Besondere Eigenschaften: Feine Marmorierung, hoher Anteil an intramuskulärem – „kernigem“ – Fett, saftig, aromatisch, geringer Volumensverlust beim Grillen und Braten: Die Fleischqualität verdankt es unter anderem auch dem zu 100 % aus der Region stammendem Futter, seinem langsamen Wachstum sowie intensiver Zuwendung. Und vielleicht auch dem großzügigen, überdachten Freiluftstall mit Blick ins – erraten! – Ötscherland!

Exklusivmarke Waldviertler Pute

Eine weitere Exklusiv-Marke ist die Waldviertler Pute. Das Geflügel stammt von regionalen bäuerlichen Familienbetrieben, wo die Tiere mit hofeigenem, GVO-freiem Futter in Freilandhaltung heranwachsen. Auf den fruchtbaren Wiesen des Waldviertels führen sie ein Leben in freier Natur. Erreichen die Tiere ihr Optimalgewicht (20–22 kg), wird ein Schlachttermin im Partnerbetrieb Waldlandhof vereinbart.

Familienbetrieb Höllerschmid hat sich als Rundumversorger etabliert

Weiters im Programm und eine Kooperation mit mehreren Betrieben, ist Geflügel unter der Marke Steirerhuhn, die es in Bio und konventionell gibt. Innereien (Zunge, Leber …) der beliebte Beinschinken vom Ötscherblickschwein und Würste, die hier am Standort produziert werden, komplettieren das Sortiment. Apropos Sortiment: Bio macht rund 30 Prozent aus und wird auch hier immer wichtiger. Beliebt bei den Konsumenten sei auch das Faschierte. Im Unterschied zum Supermarkt wird es hier nicht in Verpackungen verschweißt und mit Gasen zugedröhnt, sondern schockgefroren in Salamiform angeboten.

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