Direkt vor den Toren Wiens, dort wo Spargel, Erdbeeren und Kartoffeln das Bild der Landwirtschaft prägen,hat sich ein junger IT-Manager einen Traum erfüllt: Hier baut er seit fünf Jahren Reis an. „Ich habe 2015 die Nebenerwerbs- landwirtschaft meines Vaters übernommen und war auf der Suche nach einem regionalen Produkt, das ich auch direkt vermarkten kann“, erzählt Gregor Neumeyer. Gemeinsam mit seinem Freund und Kollegen Hannes Engl beschloss er damals, mitten in der Marchfelder-Spargelgegend, es mit Reisanbau zu versuchen.
Das lesen Sie in diesem Artikel In Europa ist der Reisanbau nicht unbedingt neu, etwa 80 Prozent der hier erhältlichen Reisprodukte stammen aus Italien. Warum es aber in Österreich die letzten Jahrhunderte keinen Reisanbau gegeben hat? „Weil die Bedingungen nicht gepasst haben, denn die Reispflanze ist eine wärmeliebende Pflanze und braucht wenigstens vier Monate lang eine Mindesttemperatur von 10 °C – doch das Klima hat sich geändert, und so stand dem Anbau nichts mehr im Wege“, berichtet der Reisbauer. Gesagt, getan: Gregor Neumeyer baute die Marke „Österreis“ auf und auf 1,6 Hektar Fläche Reis an – sein Kollege Hannes wirtschaftete im oberösterreichische Marchtrenk auf ungefähr derselben Fläche.
Die größte Herausforderung beim Reisanbau ist allerdings das Unkraut. Das ist auch der Grund, warum 80 % der Reisfelder geflutet werden. „Man flutet Reisfelder nicht, weil Reis im Wasser stehen muss, sondern lediglich, weil er kann. Doch diese Flutungenist natürlich eine enorme Belastung“, berichtet der Niederösterreicher. Das Fluten hat – neben dem enormen Methanausstoß – auch Auswirkungen auf das Produkt. Neumeyer: „Durch das Wasser werden Schwermetalle aus dem Boden gespült, die das Reiskorn aufnimmt!“ Nicht nur aus dem Grund hat sich Neumeyer für den Trockenreis-Anbau entschieden. Das Unkraut wird hier nicht mit Wasser vernichtet, sondern eben händisch gezupft – „da hilftdann die ganze Familie mit!“. Erst Ende Oktober hat Neumeyer auch eine offizielle Bestätigung von einem Labor bekommen, dass der Österreis frei von schädlichem Arsen und Pestiziden ist.
Doch natürlich braucht die Reispflanze auch Wasser, doch dafür reicht eine herkömmliche Bewässerung während der Sommermonate. Die Ernte erfolgt mit einem Mähdrescher, beginnt Ende August unddauert oftbis in den Oktober. Der Reis wird getrocknet und im Anschluss in einer speziellen japanischen Reismühle zu Naturreis oder weißem Reis verarbeitet. Dieser „Österreis“ wird dann in Flaschen abgefüllt, die Gregor Neumeyer übrigens noch dieses Jahr auf ein Mehrwegsystem umstellen möchte.
Seit 2015 hat Gregor Neumeyer viel geschaffen. War die erste Ernte etwas mehr als eine Handvoll, wurden 2019 ins- gesamt 30 Tonnen Rohreis geerntet. „Mein großes Ziel war es, nicht nur selbst Direktvermarkter zu sein, sondern den Reisanbau in Österreich attraktiv zu machen“, so Neumeyer. Und so produzieren mittlerweile zehn Bio-Betriebe verteilt in ganz Ostösterreich für „Österreis“ – und Gregor Neumeyer konzentriert sich vermehrt auf Produktentwicklung, Verarbeitung und Vermarktung: „Ich baue schon auch Reis an, aber mache auch viele Tests rund um Vermehrung und Sortenversuche – auch gemeinsam mit der AGES. Wirmüssen noch vieles lernen.“ Die größte Challenge im Moment ist es, die Beträge so zu stabilisieren, damit sich für die Landwirte das Risiko minimiert.
Der Reis wird ab Hof, online, als Reis- Abo und in mittlerweile 80 unterschiedlichen Läden verkauft. Neben Reis gibt es auch Reismehl, Waffeln und sogar ein Bier namens Calafati – dieses wird gemeinsam mit der Rodauner Biermanufaktur gebraut, ist ein helles Lager und bekommt durch den Gerasdorfer Reis eine leicht erdig getreidige Note.
Die heurige Ernte wurde Ende Oktober eingefahren, und der Reis ist wieder von hervorragender Qualität. Und wie schmeckt Österreis? Natürlich nach Reis, doch es ist wahrscheinlich die Frische, die den Gerasdorfer Reis besonders schmecken lässt. Neumeyer: „Herkömmlicher Reis braucht länger, bis er auf unseren Tellern landet. Unser Reis wird nach der Ernte verarbeitet und nicht lange gelagert – und es ist wohl wie bei allem: Frisch schmeckt’s einfach besser.“
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