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Fleischer-Nachfolge im Hardcore-Style

Nach 100 Jahren schloss die Fleischerei Wallner in Pöttsching im Vorjahr. Doch es blieb nicht lange ruhig. Im Gegenteil! Lautstark wie ihre Lieblingsmusik macht die „Hardcore BBQ“-Familie Leeb als Nachfolger Lust auf Fleischgenuss. Wie es dazu kam, erzählten die Burgenländer Roland Graf.

Der Türgriff – eine Salami aus Metall! – glänzt wieder golden in Pöttsching. Etwas anders allerdings sieht das Geschäftsschild der ehemaligen Fleischerei Wallner in der schmiedeeisernen Umfassung doch aus. Zwei Totenköpfe und die Aufschrift erinnern eher an ein Tattoo-Studio. Und doch steht „Hardcore BBQ“ für eine unerwartete Wiedergeburt eines Traditionsbetriebs. Noch vor einem Jahr schien es, als würde nach genau 100 Jahren mit dem Pensionsantritt von Franz Wallner (siehe Fleisch & Co 2/2021) ein weiteres Opfer des Fleischer-Sterbens zu beklagen sein. Doch es kam anders …

Heute stehen Robert „Rob“ Leeb und seine Frau Tanja als Gesellschafter der wiedergeborenen Fleischerei stolz im Laden und erklären ihre „Hardcore“-Philosophie. Sie lässt sich aber auch optisch an den Tattoos von Leeb und seinem Mitarbeiter Michael „Fuxl“ Fuchs, privat ein Freund seit Jahrzehnten, ablesen. Laute, harte Rockmusik war nämlich nur eine geteilte Vorliebe – gutes Essen, idealerweise selbst zubereitet, die andere. Und aus ihr erwuchs nun auf Etappen auch dieser Neustart in Pöttsching. Das Erweckungserlebnis dazu hatte Rob Leeb ausgerechnet auf der Couch beim Fernsehen. „Ich sah 2018 einen Bericht über die Grillstaatsmeisterscha und dachte spontan: Da will ich auch hin.“

Rob Leeb ist passionierter BBQ-Fanatiker – und präsentiert als Quereinsteiger ein modernes und hippes Metzgerei-Konzept.
© Busyshutters

Vom Hobbygrillen zum Hauptberuf

Das Team war schnell zusammengestellt und mit einem Trainingsprogramm wie im Spitzensport bastelte man am großen Auftritt. Dass man in der Kategorie „Schwein“ auf Anhieb den Staatsmeister-Titel holte, überraschte die Crew dann doch selbst. Wichtiger aber war, was vom Antritt 2019 im Waldviertel blieb: Ein bestehendes Logo sowie ein reichweitenstarker Auftritt von „Hardcore BBQ“ in den sozialen Medien. Denn Leeb, damals noch als Krankenpfleger aktiv, hatte quasi (Schweine-)Blut geleckt. „Gemeinsam mit einem Partner starteten wir mit Grillcaterings.“ Die Idee war gut, doch der Firmenstart mitten in die Pandemie hinein stellte das junge Unternehmen natürlich vor existenzielle Fragen. Als dann sein Kompagnon aus privaten Gründen ausstieg, war auch das Cateringlager bei dessen Schwiegervater Geschichte. „Wir nahmen uns ein halbes Jahr eine Auszeit, um alles zu bedenken.“ Denn an sich war man bereits tief ins Gastrogeschäft eingestiegen. Neben dem Rockabilly-Festival im Nachbarort Bad Sauerbrunn, wie gemacht für die „Hardcore“-Burger, hatte man auch Lockdown-Erfahrungen mit einem Essenszelt für die große Feriensiedlung am Keltensee gesammelt. Schließlich bestärkte vor allem Tanja Leeb ihren Mann, die Leidenschaft für (gegrilltes) Fleisch zum Hauptberuf zu machen. Zwei Standorte in der Region standen am Ende zur Wahl. Da der eine davon auch Abendgastronomie bedingt hätte, neigten die Eltern zweier Buben mit vier und fünf Jahren schnell der ehemaligen Wallner-Zentrale zu. Die Renovierung, an der „Fuxl“ Fuchs be- reits eifrig mitwirkte, sicherte dann auch einen Mitstreiter, den die Leebs lange kannten. Gemeinsam veredelt man heute regionales Fleisch z. B. von Fröch in Zemendorf im Rahmen der Imbiss-Konzession.

Lamm ist der heimliche Bestseller. © Busyshutters

Lamm als heimlicher Bestseller

Der Großteil des Angebots – zum Mitnehmen oder vor Ort zu konsumieren – stammt von Griller, Smoker und aus dem Dutch Oven. „Wir machen dabei alles selbst, auch die Saucen und Beilagen wie das Grillgemüse oder die doppelt ausgebackenen Pommes.“ Tagesschmankerln bewirbt man zeitgemäß via Facebook („WeTakeMeatSerious“), dazu kommen die Bestseller, die Tanja Leeb uns gerne auflistet: „Das sind sicher unsere Spareribs, dazu das Dry Aged Beef und fast jeder Kunde kauft auch Lamm.“ Diese ungewöhnliche Vorliebe, die wohl auch an den perfekten Cuts liegt, hat den „Hardcore BBQ“-Machern auch ihren einzigen Exoten beschert. „Wir würden auch da gerne mit heimischem Fleisch arbeiten, aber wir verkaufen oft drei Lammkronen an einem Tag“, hat man sich für handverlesene Qualität aus Neuseeland entschieden. In gewisser Weise schließt man in der neuen Optik auch an vieles an, das bereits Fleischer Wallner eingeführt hatte. Auch hier standen am Ende die Grillfleisch-Angebote und das warme Essen im Fokus – und auch Lamm hatte der Pöttschinger fast immer vorrätig. Insofern ist auch das gute Verhältnis zu Vorbesitzer und jetzt Vermieter Franz Wallner ein Glücksfall. Der langjährige burgenländische Innungsmeister kannte die „Jungs“ von ihrem Catering im Kurpark Bad Sauerbrunn – entsprechend schnell wurde man handelseins. „Man muss klar sagen, ohne ihn gäbe es uns in der Form nicht“, ist Robert Leeb dankbar für die Unterstützung mit Erfahrung und Rezepturen. Ein Beispiel dafür stellt der Wildleberkäse dar, der auf einer Wallner-Kreation basiert. „Allerdings war für mich immer klar, dass er auch zu unserer BBQ-Kompetenz passen müsste.“ Womit – anfangs gegen eine gewisse Skepsis des g’standenen Fleischers – auch der gesmokt wurde. Das Ergebnis begeisterte aber beide. Wallners Kommentar: „Ab in die Vitrine damit!“

Leberkäs aus dem Smoker

Ebenfalls „kein Herumkommen“ (© Tanja Leeb) gab es um einen kleinen Kult-Klassiker, den Franz Wallner für alle Grillbegeisterten angeboten hatte. Auf Spieße geflochtene, pikant gewürzte Schweinebauchstreifen alias „Grillfackeln“ mussten daher schon auf Stammkundenwunsch angeboten werden. „Letztens fragten Kinder im Geschäft nach den ,Stangerln‘“, unterstreicht Tanja Leeb die Beliebtheit dieses Snacks bei allen Altersschichten. Und so bereichern sie neben dem Leberkäse im BBQ-Stil das Kernangebot der Leebs.
Dieses soll sich auch noch erweitern, vor allem auch bei der flüssigen Auswahl. Schon jetzt führt man neben der burgenländischen Limo „Schmex“ auch einige Biere (Golser, Zwettler), mit Herbst werden aber zwei neue Regale vornehmlich regionalen Genüssen in der Flasche – oder solchen von Freunden – gewidmet sein. Die Liköre von „Rocker’s Delight“ aus Wien etwa gibt es bereits und sie passen mit ihrer Jack-Daniel’s-Typogra e bestens zum Hardcore-Stil. Wobei die relaxte Art der Quereinsteiger sich auch bei den Zukunftsplänen zeigt: „Den Masterplan für den Herbst haben wir nicht. Wir wachsen von Woche zu Woche.“ Dann soll es auch weitere Touren zu möglichen Lieferanten – etwa in Sachen Würstel – geben. Doch der hohe Arbeitsaufwand für die Caterings kostet auch Zeit: „Ich mache alles frisch vor Ort, das heißt, dass ich auch sechs Stunden vorher den Grill anheize. Und da ist der Aufwand für 20 oder 100 Leute fast gleich“, so Leeb. Dass er und Freund/Mitarbeiter „Fuxl“ aus dem Sozialbereich kommen, sieht Letzterer als echten Vorteil der Quereinsteiger: „Du kannst mit Stress umgehen, bist gewohnt Lösungen zu finden und hast auch eine Ausbildung, mit Leuten umzugehen.“ So brach etwa auch nicht die Welt zusammen, als der Smoker ausgerechnet bei einem Catering streikte, erinnert sich das Duo an gemeinsame Erfahrungen.

Veganer Burger mit Bio-Schwammerln aus der Gegend. © busyshutters

Hardcore auch bei Rezeptsuche

Vielleicht ist man auch deshalb nicht bereit, Kompromisse bei der Qualität zu machen. Geliefert wird von „Hardcore BBQ“ gerne, „allerdings nur, was ohne Qualitätsverlust geht wie etwa unsere Spareribs“. Und auch am veganen Burger des Hauses (siehe Bild) wurde nahezu wissenschaftlich getüftelt. „Jeder von uns musste Vorschläge machen, die dann verkostet wurden“, erinnert sich Tanja Leeb an die Irrwege mit Jackfruit, Linsen oder Bohnen im Patty. Denn schließlich sollte ihre Kreation auch Fleischessern schmecken, so der Anspruch. Am Ende machten Pilze das Rennen, noch dazu Austernseitlinge aus der lokalen Zucht von Robert Tomschitz. Mit einem Karotten-Erdnuss-Crunch und Röstzwiebeln erfüllte diese Version auch den hohen Anspruch, „labberige Pattys wollen wir nie in unseren Burgern haben“.

Dafür gibt es das Grillfleisch auch das ganze Jahr über. „Die Zeit ist gerade richtig“, findet Robert Leeb, „die Leute suchen Besonderes, das darf dann auch ein bisschen mehr kosten.“ Das zeigt auch die Kundenachfrage, die mittlerweile für Vorbestellungen spezieller Cuts sorgt. Auch bei den Caterings gibt es schließlich keine fixe Auswahl, man versucht stets „herauszukitzeln, was für die Location und den Anlass passen kann“. Was auch immer dann auch im Winter 2023 verkau werden wird, das Motto dahinter könnte ebenfalls von einem Catering-Kunden stammen. „Wer sich ,Hardcore‘ aufs Leiberl schreibt, muss auch abliefern“, ließ der „Fuxl“ wissen. Und genau das tun die Pöttschinger.

Autor: Roland Graf

www.hcbbq.at

 

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