
Es gibt Einzelfälle
World Animal Protection, eine international anerkannte NGO, hat Österreich in einem Tierwohl-Ranking auf Platz 1 unter 50 Ländern eingestuft. „In einem Land wie Österreich ist es von höchstem Interesse, Tiere gut zu behandeln. Es gibt sie dennoch, die Einzelfälle. So wie in jeder Branche“, schildert Bauernbund-Präsident und Nationalrat DI Georg Strasser den Status quo beim Tierwohl in heimischen Ställen.
Über EU-Niveau
Das österreichische Gesetz regelt den Schutz von mehr Tierarten als in anderen Ländern und geht in vielen Branchen deutlich über das EU-Tierschutzniveau hinaus. Trotzdem ist es dem Bauernbund-Präsidenten und der Bundesregierung ein Anliegen, das Wohl von Nutztieren kontinuierlich zu verbessern.
Mit einem Tierwohlpakt sollen Investitionen in tierwohlgerechtere Ställe angekurbelt und Lebensmittel transparenter gekennzeichnet werden. Den Nutztieren soll mehr Platz und Komfort geboten werden, standortangepasste Nutztierhaltung und Kreislaufwirtschaft rücken langfristig stärker in den Fokus. „Mehr Luft, Licht und Platz für die Tiere bedeutet auch mehr Kosten für die Bauernfamilien. Damit dieser Mehraufwand auch abgegolten werden kann, muss man diesen im Regal erkennen können. Namhafte Lebensmittelhändler und Gastronomen haben diesen Mehrwert bereits erkannt“, ist Strasser optimistisch, dass handelnde Akteure entlang der Wertschöpfungskette von Fleisch und Fleischprodukten den Mehrwert einer transparenten Kennzeichnung der Herkunft künftig erkennen werden und nützen können.
Siegel weiterentwickeln
„Mit dem AMA Gütesiegel haben wir ein europaweit einzigartiges freiwilliges Herkunfts- und Qualitätssiegel im Lebensmitteleinzelhandel etabliert. Damit haben wir es geschafft, bessere Preise für die Bäuerinnen und Bauern zu erzielen. Dennoch müssen wir auch hier weiterdenken und das hochwertige Siegel gemeinsam weiterentwickeln. Ziel ist für mich ein ausnahmslos gentechnikfreies AMA Gütesiegel“, so Strasser. Zudem ist mit dem AMA GENUSS REGION Gütesiegel heuer der Lückenschluss in der freiwilligen Herkunfts- und Qualitätsstrategie gelungen.“
Hat der Konsument eine Chance?
Was aber, wenn die Intransparenz bei vorwiegend verarbeiteten Lebensmitteln so bleibt. Hat der Konsument dann überhaupt die Chance, Tierwohlprojekte zu unterstützen? „Wird unser Engagement beim Tierwohl von der Branche oder den Konsumenten nicht honoriert, müssen Bäuerinnen und Bauern weiterhin mit einer eher unbefriedigenden Situation am Schweine- und Rindermarkt rechnen“, unterstreicht Strasser. Fehlende Absatzmärkte in der Gastronomie, Hotellerie und im Export, die Afrikanische Schweinepest (ASP) und ein coronabedingter Ausfall von Arbeitskräften in Schlachtbetrieben beuteln die agrarischen Märkte in diesem Ausnahmejahr kräftig. „Der Außer-Haus-Verzehr bricht zum dritten Mal in diesem Jahr ein und das bekommt die Landwirtschaft als Zulieferer zu spüren. Dadurch wächst der Stau vor den Schlachthöfen von Tag zu Tag und in der Landwirtschaft werden Stallplätze nicht mehr frei“, schildert Strasser, der selbst einen Milchviehbetrieb im südlichen Waldviertel bewirtschaftet.
Regionale Qualität
Während der Coronakrise hat man es gemeinsam geschafft, die Eigenversorgung abzusichern. „Das ist auch unser Ziel in der tierischen Produktion. Wir als Bauernvertreter appellieren daher an alle Verarbeiter und an den Handel, den heimischen Bauernfamilien die Treue zu halten. Der Konsument wünscht sich mehr Tierwohl, die Bauernfamilien auch. Deshalb schlage ich vor, gemeinsam auf regionale Qualität zu setzen und das auf allen Ebenen“, sichtet Strasser zum Abschluss einen Appell an die Branchenvertreter.