
Es gibt einen Zeitpunkt im Leben eines Menschen, der ihn bewusst oder unbewusst vor diesen Lebensabschnitt stellt: sein Leben durch Verantwortung im Beruf selbst in die Hand zu nehmen und eigenverantwortlich sein Geld zu verdienen. Reifliche Überlegungen sind oft nur auf ein Ziel fokussiert, und man lässt in diesem Abschnitt einiges völlig außer Acht.
Der Mensch, vorbereitet auf neue Aufgaben, strotzt voller Energie und Wissen, um sich als Übernehmer ein Feld mit Aufgaben und Träumen zu schaffen. Alle feiern ihn und sehen einen Superhelden, einen Superman. Gratulationen und Glückwünsche bestärken sein Glücksgefühl.
Du tauschst den klassischen Nehmer und wirst zum Geber, dem man etwas nehmen muss. Du gibst den Schutzschild des Nehmertums mit all seinen wenigen Nachteilen und verbrieften Vorteilen auf. Es wartet auf dich ein Dschungel von Vorschriften und diktierten Aufgaben. Du gibst und bezahlst dafür – der andere nimmt und bekommt dafür. Die Bedingungen des Nehmers sind weit leichter und geschützter als die des Gebers, der durch Gesetze und Verordnungen gebunden und verpflichtet ist.
Der Begriff „Zeit“ definiert sich anders. Die sogenannten Vorteile des Unternehmertums werden durch bürokratische Bürden und durch die „Geiz-ist-geil“-Mentalität ad absurdum geführt.
Die Steuer im Griff des Unternehmers
Die Steuer hat dich voll im Griff, nicht nur als Zahler. In vieler Hinsicht nimmt der Staat dich als Eintreiber und Verwalter der Steuern deiner Mitarbeiter für den Staat und des Gesundheits-, Pensions- und Vorsorgesystems – da in doppelter Weise. Für dich und andere werden dein Können, Wissen und deine Arbeitsleistung dafür gratis genutzt. Es entstehen dir Kosten bei Unterstützung durch die Ausgliederung der Arbeitsverwaltung an andere.
Kostenlose Dienstleistungen an Behörden:
- versteckte Abgaben eintreiben, die durch den Verkaufspreis deiner Waren oder Dienstleistungen dem Kunden gar nicht bewusst sind
- die Steuer auf Arbeit, die deine Mitarbeiter unbemerkt erwirtschaften und die du mit Haftung zur Kasse bringst
- du bist verantwortlich für Steuereinkünfte des Staates aus deiner Tätigkeit – eine brotlose Tätigkeit, oft mit Verleitung zum Betrug, verbundene Verantwortung für das Finanzieren der Staatsleistungen am Bürger
Die Ämter und Minister, bezahlt durch deinen Beitrag, verteilen die durch dich erworbenen Gelder.
Das Gesundheitssystem ist auf dich angewiesen. Den Betrag, den du einzahlst, sieht dein Mitarbeiter nicht ganz am Lohnzettel, nur einen kleinen Teil, der sich als Arbeitnehmeranteil auftut.
Bei Erkrankung des Mitarbeiters trägst du die volle finanzielle Last, ohne für das Fehlen eine Entschädigung zu bekommen. Es ist nicht gestattet, eine betriebliche Kontrolle des Fehlens des Arbeitnehmers zu veranlassen oder den tatsächlichen Grund des Fortbleibens zu erfahren. Sollte der Grund ein Arbeitsunfall sein, kommt der Apparat in Schwung. Wer, was, warum, wann und vieles mehr kommt auf dich zu. Meist ist es die Unfähigkeit des Betroffenen, sich an Arbeits- und Sicherheitsanweisungen zu halten. Du darfst das verantworten. Du musst schulen, evaluieren, überprüfen, kontrollieren und in Abständen das Prozedere dokumentiert wiederholen.
Am schlimmsten aber ist deine eigene Erkrankung: Da fehlt nicht nur deine Arbeitskraft, es bleibt noch die administrative Sparte über, die du abarbeiten musst. Deine medizinische Betreuung finanzierst du zu hundert Prozent selbst. Zu den Beiträgen, die du bezahlst, wird auch bei Erkrankungen am Quartalsende ein Selbstbehalt verrechnet. Es treffen bei Wahlarztbesuchen, die notwendig und fast unmöglich zu verhindern sind, nicht sozial erklärbare Dinge zu. Man behandelt dich als Wirtschaftsfaktor, der Kosten verursacht. Man maßt sich an, das Honorar des Arztes und der notwendigen Behandlungen nach eigenem Gutdünken, dem sogenannten Behandlungskatalog, möglicherweise erheblich zu kürzen. Vertragsärzte sind eine aussterbende Spezies, da trotz des Studiums und der Ausbildung Kostenvergütungen bezahlt werden, die nicht als angemessen anzusehen sind. So ist diese Möglichkeit einer Behandlung durch Vertragsärzte für jeden Bürger kaum mehr gegeben.
Es tut sich für dich noch eine Arbeit mit vollen Risiken auf, für die du minimal entlohnt wirst, jedoch nicht die Kosten trägst: Du darfst, wenn ein Arbeitnehmer seine Rechnung nicht bezahlt, für den Schuldner den Lohn kürzen und an die Begünstigten abführen. Die Karriere als Drittschuldner erwartet dich.
Weiters sieht ein jeder Hobbyverein dich als potenziellen Sponsor, der alle Zuwendungen für die Freizeitbelustigung von anderen Menschen im Verein von der Steuer abschreiben kann. Keine Ahnung haben jene, die sich das wünschend vorstellen – doch das muss erst erwirtschaftet werden, und dafür muss gearbeitet werden. Der Unternehmer wird so noch als Garant für private Vergnügungen dargestellt.
„Wer nicht wirbt, der stirbt“ – diese Aussage begleitet und lenkt dich.
Fehler bei der Werbung können auch die Existenz gefährden. Doch ein Schlagwort aus der Werbung hat nicht nur dem Werbebotschafter und dem Kunden zu Gewinn verholfen. Viel zu spät hat man erkannt, dass diese Botschaft sich quer in alle Lebens- und Wirtschaftsentscheidungen eingenistet hat:
GEIZ IST GEIL mag zwar kurzfristig der eigenen Geldbörse und dem Ego guttun. Der Gesamtwirtschaftsschaden hat sich erst durch das Festsetzen des Slogans im Denken, in den Entscheidungen und dem darauf folgenden tatsächlichen Tun Jahre später verwirklicht. Dieser Gedanke senkte die Hemmschwelle und führte zum Verlassen von ethischen und moralischen Grundsätzen. Dies hatte das Auslagern von Arbeitsschritten, den Verkauf von Technologien und in manchen Branchen ein „modernes Sklaventum“ der Leiharbeiter aus Drittstaaten zur Folge. Die Versorgung der Bürger des Staates wird durch das Prostituieren der ideellen und materiellen Grundwerte gefährdet.
Die Wertschätzung der Menschen geht durch das ewige Preisdumping verloren, und die Gewissheit manifestiert sich, dass das eigene Können, Wissen und die im Land selbst erzeugten Produkte zu teuer sind.
Die Folgen aus diesem Verhalten, die zu wirtschaftlichem, internationalem Gebrauch wurden, werden im Unterbewusstsein der Konzerne verdrängt. Ganz schlimm wirkt sich das in der Landwirtschaft und in den Lebensmittelbranchen aus – sei es in der Erzeugung, Vermarktung oder den noch nicht langzeitig erforschten Auswirkungen auf Mensch und Tier.
Kuschelweiche, ins Unterbewusstsein sich einschleichende Botschaften kommen immer mehr in Mode. Diese Werbebotschaft entwickelt sich zum Lebensslogan. Trends, die nach diesem Marketingsprofil erstellt werden, erzeugen Druck auf Gewissen und Denkprofile. Zur Untermauerung ihrer Thesen nutzt man die Studien, die aussagen, was der Auftraggeber bezwecken will. Der Blick und die Bewertung werden auf das gewünschte, positiv Wertvolle gelenkt.
Die möglichen und vorhandenen Gefährdungen in der Vor- und Nachzeit der Produkte werden ausgeblendet und auch nicht gesamtökologisch bewertet. Die Auftraggeber bekommen das Ergebnis, das ihren Wünschen entspricht und das sie hören wollen.
Diese vom Kapital bestimmten Firmen wollen und müssen schnell ihr Kapital zurückbekommen, das sie für die Entwicklung der Produkte und die Ausstattung der Firmen investiert haben – frei nach „Neues Spiel – neues Leben“.
Da fragt man sich nicht nach Nachhaltigkeit, Regionalität und Versorgungssicherheit. Vordergründig ist: Lässt sich das einfach, mit hohem Gewinn und ohne Hintergedanken noch praktizieren? Um Gewinne zu erhalten und das Preisgefühl des Konsumenten zu manipulieren, werden die Verpackungsbefüllungen – kleingedruckt deklariert – verringert.
Noch ist die Zeit nicht gekommen; ob die Zeit das jemals machen wird?
Dass der Mensch in der Politik, im Heimatland und in Europa – der Mensch mit menschlichem Tun – in den Fokus rückt. Viele, die einen Sessel erreicht haben, beginnen mit der Absicherung. Man saugt sich schier Unmögliches und fraglich Sinnloses aus den Fingern, um ein kaum echt wirtschaftliches, nachhaltiges Schriftwerk zum Gesetz werden zu lassen, das den internationalen Wettbewerb der im Land erzeugten Waren verschlechtert.
Du sollst die Rohstoffe, Zutaten und Produkte, die du über Händler beziehst, dokumentieren und auf gesetzeswidrige Machenschaften überprüfen. Die Werthaftigkeit dieser Herkunftsdokumentation stellt kaum einen Nutzen für den Konsumenten dar. Der Aufwand für die kleinen Betriebe ist zu groß für den Nutzen, den die Sache bringen soll. Gewisse Produkte werden bevorzugt beäugt, was auch gut so ist. Doch kaum einer fragt nach der undokumentierten Rohstoffgewinnung für die Produktion von (Luxus-)Gütern in Bezug auf Nachhaltigkeit, Umweltverträglichkeit und harte Kinderarbeit. Der Ansatz der Weltrettung ist möglicherweise gegeben, kommt jedoch kaum zum Tragen.
Im Augenblick wird diese Bestimmung noch bei großen industriellen Betrieben angewendet, doch so denke ich, verschiebt sich die Größenordnung nach unten, denn jeder Neue im Amt will Spuren hinterlassen. Ob das eine Rechtfertigung für den Gehaltsbezug ist, wage ich zu glauben.
Der Wettbewerb hat sich für Güter des täglichen Bedarfs internationalisiert, und die Kunden verlagern durch die Preisgestaltung ihre Einkaufsgewohnheiten. In der Zwischenzeit wird über die Belastung der Betriebe schon geredet – nur geredet.
Notwendige Bestimmungen werden erst dann kommen, wenn die Arbeitsplatzsituation negativ in den Großbetrieben zuschlägt. Technisierungen und Rationalisierungen, die sinnvoll sind, stoßen da bald an Grenzen. Die Gewerbebetriebe, soweit diese noch existent sind, können auch durch persönliche Mehrarbeit nicht mehr mithalten. Es fehlt auch an einer gesunden Wertschätzung für die Menschen, die sich das antun. Mit Firmenkonstruktionen wird versucht, persönliche Risiken zu vermeiden und zu minimieren. Ich denke, das ist mit der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Situation notwendig – ob moralisch wertvoll, sei dahingestellt.
Zum Glück, wenn man das so sehen will, bedenkt der leidenschaftliche Gründer und Betriebsübernehmer nicht dieses böse Szenario und stürzt sich voll Elan, Liebe und Leidenschaft ins Leben …
Fleischermeister aus Leidenschaft – in Unruhestand
Franz Dormayer
Blutwurstweltmeister 2000