Kuttermesser
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Trünkel sperrt zu

Liquidierung des Unternehmens nach 111 Jahren im April 2017. Alle Gehälter, Sonderzahlungen und Abfertigungen werden bedient. Hohes Investment für Fortbestand nicht finanzierbar.

Die Leopold Trünkel Ges.m.b.H. wird nach 111 Jahren im April 2017 schließen. Die Gründe für diese unternehmerische Entscheidung liegen im „erdrückenden Preiskampf in der Fleischwarenindustrie sowie der Vorausschau, die wenig positiv stimmt“, erklärt Geschäftsführer Mag. Hans Trünkel. „Der Umsatz in der Fleischbranche wird von wenigen Handelsketten bestimmt. Die Sortimentsentscheidungen orientieren sich in erster Linie am Preis – und nicht am gelebten Qualitätsanspruch. Verschärfend wirken sich auch die zunehmend eigenen Fleischwarenproduktionen der Handelsketten aus, wodurch Umsatz von klassischen Fleischern abgezogen wird“, so Trünkel.

Angesichts des herausfordernden Marktumfeldes hat Trünkel ein Drittel seines Umsatzes verloren (zuletzt waren es 15 Mio. Euro, wovon 1/3 auf die Filialen entfiel)und in den letzten fünf Jahren Verluste erwirtschaftet. „Wir haben nichts unversucht gelassen, um das Unternehmen zu retten. Ein angedachter Verkauf zur Rettung der Arbeitsplätze ist mangels Käuferinteresse leider gescheitert.“ Daher muss „dieser gerade für ein Familienunternehmen schmerzhafte aber notwendige Schritt einer Liquidierung gesetzt werden, bevor eine Insolvenz droht.“ Aktuell fehle der Leopold Trünkel Ges.mb.H. – die im 3. Wiener Gemeindebezirk ihre Produktion betreibt – der finanzielle Spielraum, um die benötigten Investitionen in Betriebsanlagen vorzunehmen. Trünkel hat 98 Mitarbeiterinnen beim AMS zur Kündigung zum Jahresende angemeldet. Hans Trünkel betont: „Alle Mitarbeiter erhalten ihre Löhne und Gehälter, das Weihnachtsgeld sowie die Abfertigungsansprüche zur Gänze von uns ausbezahlt.“ Es fallen keine Kosten und Verbindlichkeiten für die öffentliche Hand an. „Wir nehmen unsere Verantwortung wahr und wälzen die Kosten nicht auf Dritte über.“ Das Unternehmen habe keine Verbindlichkeiten oder Bankschulden. „Durch die ordentliche Liquidation hinterlassen wir keine Schulden und wälzen auch keine Verbindlichkeiten an Dritte ab (wie z.b. dem Insolvenzausfallsfond) oder schädigen unsere Lieferanten.“ Trünkel legt Wert auf die Feststellung, dass das in vierter Generation geführte Familienunternehmen „niemals öffentliche Fördergelder erhalten hat.“

Fleischbranche im Umbruch

„Wenige Einkäufer im Lebensmittelhandel bestimmen über 95% des Umsatzes in der Fleisch- und Wurstindustrie“, führt Trünkel aus. Die Fleischbranche hat seit nunmehr 4 Jahren beim Lebensmitelhandel keine Preiserhöhung umsetzen können und die dringend notwendigen Spannen sind nicht mehr erzielbar. Die aktuelle Betriebsgröße von Trünkel sei daher nicht ausreichend, um mit der Kostenstruktur der dominierenden, industriell agierenden und teilweise international tätigen Mitbewerber mithalten zu können. Laut Trünkel ist das Unternehmen „zu groß für die Nische und zu klein um den Branchenführern Paroli bieten zu können.“ Auch das veränderte Konsumverhalten und die ständig negative mediale Berichterstattung in Bezug auf Fleisch- und Wurstwaren machte sich in den Umsätzen der Branche bemerkbar.

Aufgrund der fehlenden Ertragskraft konnte Trünkel in den letzten Jahren keine Investitionen in die Betriebsanlagen tätigen. „Zur Fortführung des Betriebes wären millionenschwere Investments nötig. Die dafür erforderlichen Mittel konnten und können auch in Zukunft nicht erwirtschaftet werden.“ Die Eigenmittel sind aufgebraucht und Fremdfinanzierungen sind aufgrund der Basel 3 Richtlinien nur bei umfangreichen Sicherheiten und Privathaftungen möglich. „Dieses Risiko ist aber für die Eigentümer nicht mehr tragbar“, erklärt Hans Trünkel. Hans Trünkel nimmt auch die Politik in die Pflicht: „Durch die stetig steigenden behördlichen Auflagen und Vorschriften entstehen Mittelstandsbetrieben erhebliche Kosten, die nicht finanzierbar sind und denen jegliches Augenmaß fehlt.“ Trünkel gehörte lange Zeit zu den Vorzeigebetrieben und hatte die erste Wiener EU Zulassungsnummer W1.

Trünkel betreibt neun eigene Filialen (ursprünglich waren es 25). Bisher konnte nur für zwei davon ein Nachfolger gefunden werden und an diesen beiden Standorten können daher die Arbeitsplätze erhalten werden. Für die weiteren sieben Filialen werden noch Käufer gesucht. „Vorsorglich mussten auch diese Mitarbeiter zur Kündigung angemeldet, da es sehr unwahrscheinlich ist, dass diese Filailen als Fleischerfachgeschäfte weitergeführt werden. Trünkel produziert noch bis April 2017 und „kommt selbstverständlich seinen Lieferzusagen an Handel und Gastronomie nach.“

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