von Georg Bock
Als Unternehmer kennt man seinen Betrieb natürlich in- und auswendig. Aber wie wird er von außen gesehen? Eine Möglichkeit der Selbstreflexion ist eine professionell durchgeführte Umfrage, die kostet aber Zeit und Geld. Die Wirtschaftskammer Oberösterreich hat sich 1998 entschlossen, den Handelsbetrieben zu helfen, ihre Unternehmen einer genaueren Betrachtung zu unterziehen. Eine Zertifizierung soll diese dabei unterstützen, die Stärken und Schwächen des eigenen Betriebes aufzudecken und gegebenenfalls Änderungen vorzunehmen. Die Zertifizierung „Handelstrophy“ besteht aus mehreren Modulen, inkludiert ist auch Mystery-Shopping in den Betrieben. Ein weiteres Kriterium ist eine Mindestanforderung bei der Bilanz des Unternehmens. Aus den Neuzertifizierten und den Zertifikats-Verlängerungen, die alle drei Jahre stattfinden, wählen Experten dann die besten Betriebe aus und verleihen ihnen die begehrte Trophäe. „Die Top-Handelstrophy ist weit mehr als nur ein Preis. Wir halten den Betrieben einen Spiegel vor, wie sie nach außen wirken. Und wir unterstützen und begleiten die Betriebe weiter auf ihrem Weg mit unseren professionellen Beratern“, so Manfred Zöchbauer, Geschäftsführer der Sparte Handel in Oberösterreich.
Natürlich kann die Handelstrophy von den Betrieben auch für Marketing und Werbung genutzt werden. Das Logo mit dem Slogan „Ausgezeichnet einkaufen“ soll Unternehmern und Konsumenten gleichermaßen signalisieren, dass in Geschäften mit diesem Zeichen beste Qualität geboten wird. Dieses dürfen nur Top-Handelsbetriebe führen, die über ein gültiges Zertifikat verfügen. Erstzertifizierung und Verlängerung gelten jeweils für drei Jahre. „Mit dieser Auszeichnung können die Betriebe natürlich auch in regionalen Medien werben, ihr Image verbessern und damit den Umsatz steigern“, so Zöchbauer weiter. Durch Förderung der Zertifizierungskosten wird der Start zum Top-Handelsbetrieb finanziell erleichtert. 38 oberösterreichische Handelsbetriebe, davon 20 Neuzertifizierungen und 18 Verlängerungen des Zertifikats, haben die Prüfung zum Top-Handelszertifikat im vergangenen Jahr bestanden und sind im November 2012 ausgezeichnet worden.
Essen vom Besten
Einer dieser ausgezeichneten Betriebe ist die Fleischerei Leibetseder in Rohrbach. Sie bekam die begehrte Trophäe in der Kategorie Neuzertifizierungen. „Wir freuen uns sehr über diese Auszeichnung der Wirtschaftskammer Oberösterreich und sind stolz auf unsere Mitarbeiter“, verkündet eine strahlende Eva Leibetseder-Thorwartl.
Dabei sah es für den Fleischereibetrieb nicht immer so gut aus. Im Jahr 2011 entschloss sich die Familie, das Unternehmen mit einem Neubau direkt am Hauptplatz neu aufzustellen. Ein integriertes Café und Mittagsmenüs sollten zusätzlichen Nutzen für die Kunden bringen. Das Unternehmen „Essen vom Besten“, geführt von Elfriede und Walter Leibetseder, Tochter Eva Leibetseder-Thorwartl und ihrem Mann Andreas Thorwartl, musste schon beim Bau Überzeugungsarbeit leisten, da der Hauptplatz eine fast 1.000-jährige Geschichte hat und der Neubau architektonisch aus dem Rahmen fiel. Das zeitgenössische Gebäude zeichnet sich durch große Glasflächen aus, die den Kunden einen Blick auf den Stadtplatz erlauben und den Interessierten von außen den Blick auf die Fleischerei gestattet.
Was die Stimmung im Ort betrifft, ist mehr als ein Jahr nach dem Neubau wieder alles in Ordnung. Die Gäste sind zufrieden und nutzen das Kaffeehaus genauso gerne wie die angebotenen Speisen und die Produkte aus der Fleischerei. „Das Feedback der Kunden ist durchwegs positiv, auch vom Umsatz her sind wir zufrieden“, so Elfriede Leibetseder. Der Umsatz des Betriebes sei nach der Berechnung, die die Familie vor dem Umbau durchgeführt hat, so wie geplant. Natürlich hat man im Zuge der Erweiterung auch das Personal aufgestockt. Neben dem Verkaufs- und Reinigungspersonal arbeiten Köche und Küchengehilfen, Restaurantfachfrauen, Fleischermeister und -gesellen sowie Lehrlinge in dem Betrieb. Eine gute Mischung für ein gutes Service.
Leibetseder im Netz
Die Öffnungszeiten sind den Gegebenheiten der Region angepasst, so öffnet die Fleischerei bereits um 6 Uhr morgens und schließt ihre Pforten um 18 Uhr. Samstags können die Gäste den Vormittag im Kaffeehaus ausklingen lassen. Das nächste Projekt des Familienbetriebes ist ein Webshop. In diesem Bereich herrscht noch Aufholbedarf. „Wir sind in Wien auf den Märkten mit einem Stand vertreten, werden aber oft gefragt, ob man die Produkte auch online bestellen kann“, so Leibets-eder. Der vielseitige Betrieb geht also auch hier mit der Zeit. Das Internet kann aber bestenfalls eine Ergänzung des Angebotes sein. Am wichtigsten ist immer noch der persönliche Service, die Frische und die Qualität der Produkte. Das Frischfleisch wird übrigens ausschließlich aus kontrollierten Betrieben aus der Region zugeliefert. Die oberösterreichische Unternehmerfamilie bietet aber auch immer Produktneuheiten – derzeit erfreuen sich die Kunden daher am Rinderspeck.