Genau zu definieren, was „Zum Riegler” jetzt eigentlich ist, fällt gar nicht so leicht. Auf der einen Seite erhielt die 3.400 Einwohner-Gemeinde Bad Fischau-Brunn im südlichen Niederösterreich damit wieder ein eigenes Fleisch-Fachgeschäft – als Neueröffnung ist das an sich bereits sehr bemerkenswert!
Doch am Stehtisch plaudern Einheimische beim Bier, ein paar Schritte weiter wird an der Frischetheke Beinschinken aufgeschnitten und im Gastraum macht einem der Geruch eines Burgers Appetit. Thomas Windisch, der mit seinem Vater „Zum Riegler by Windisch“ gegründet hat, tut sich auch selbst ein wenig schwer mit der Definition des Lokals im denkmalgeschützten Ambiente des Bad Fischauer Schlosses. „Unser wichtigster Slogan lautet ,For the Lovers of good taste‘, sieht er lieber eine g’schmackige Klammer zwischen Frischfleisch-Verkauf, Jausen-Service und Rib-Eye-Steaks aus dem Reifeschrank.
Würde Windisch Mode verkaufen, spräche man wohl von einem „Concept Store“. Denn handverlesen sind die Wurstwaren und das Fleisch, die seit September 2021 im neu eröffneten Lokal verkauft und verkocht werden. „Ich esse selbst gern gut“, so Windisch, „daher lautet der Anspruch hier auch immer: Was würde mich ansprechen“?
Die Fleischerei im Schloss
Die Gemeindeführung sprach das Konzept der beiden Fischauer jedenfalls an. Per Ausschreibung suchte man nach einer Nachnutzung des historischen Gebäudeteils am Rand des neuen Ortszentrums. Im Kern geht das Schloss auf das 12. Jahrhundert zurück, was die Auflagen für den Umbau nicht gerade leicht machte.
Drei Durchbrüche legten die historischen Tonnengewölbe frei, in denen heute goldene Rinderschädel auf die neue Nutzung hinweisen. Gastro-Bewerber hätte es genug gegeben, doch man wollte einen Nachfolger für den früheren Delikatessenhändler und Nahversorger „Siegl’s“ gewinnen.
Rudolf Windisch, in dritter Generation Fleischer, ergriff diese Chance der gemischten Nutzung mit seinem Sohn. Allerdings wählte man einen Namen, der im Ort bis in die späten 1970er Jahre hinein das Synonym für Fleisch und Wurst war: „Zum Riegler“ ging man damals als Kind auf eine Extrawurstsemmel, während die Erwachsenen Gulasch-Fleisch oder Karreeschnitzerl kauften. Im örtlichen Sprachgebrauch hielt sich der Name auch dann noch einige Zeit, als längst Schwiegersohn Rudolf Windisch – der Großvater von Thomas – die Fleischerei von Fritz Riegler weiterführte. Und somit besteht übrigens auch keine Verwechslungsgefahr mit der Fleischerei Windisch im nahen Wiener Neustadt, die sein Onkel Stefan heute führt.
Das Beste vom Besten
Vater und Sohn Windisch sind zudem auch weiterhin mit einem Fleischhandel für die Gastronomie zwischen Wien und Graz tätig. Die gute Vernetzung mit Fleischern in der Ost-Region stellt einen Vorteil des neuen Unternehmens dar. Kurz war sogar daran gedacht, eine eigene Schlachtung im Nachbarort wieder aufleben zu lassen, erzählt Thomas Windisch. Doch am Ende siegte die jetzige Konstellation, die das Beste aus den Cuttern und Selchen lokaler Kollegen in einem beeindruckenden Ambiente präsentiert. Wulka-Prosciutto von Hans Bauer aus dem nahen Burgenland kommt auf die Antipasti-Platte, Martin Nötsch aus Puchberg liefert Fleisch, Kollege Rudolf Stickler aus Willendorf sorgt unter anderem für Wurstwaren.
„Die harten Hauswürstel oder die Steinfelder Jaus’nstangerl, eine Cabanossi, bereitet er sogar nach unserem Rezept zu“, wurden dafür Anleihen bei Thomas’ Urgroßvater genommen. Freilich ein wenig modernisiert, sprich: mit weniger Fettanteil, zubereitet. Beide sind (wie die Bauernblunzen) bereits ein Renner im Frühgeschäft, das nur – zwei Kreuzungen von der A2-Auffahrt entfernt – blüht. An allen Werktagen wird daher auch bereits um 7 Uhr geöffnet im Bad Fischauer Familienbetrieb.
Keine Fake News
Denn zwei Monate nach der Eröffnung geht das Jausen-Geschäft noch besser als der Frischfleisch-Verkauf. Letzterer wird aber auch noch erweitert. Die ersten Steaks werden gerade bei unserem Besuch aus dem „Englischen“ geschnitten.
Man wollte keine fleischlichen „Fake News“, sondern mit der Eröffnung auch erst zu reifen beginnen. „So sehen die Stammkunden auch den Reifeprozess“, sieht Windisch neben dem „Hingucker“ im Lokal auch einen gewissen Bildungsauftrag. Dem er sich auch gerne widmet. „Da plaudere ich auch gerne eine halbe Stunde“, schließlich mache es ja gerade den Unterschied zum Supermarkt aus, „dass hier auch jemand ist, der die Steakreifung auch im Detail erklären kann“.
Regionale Qualität
Apropos Steaks: Die Restaurant-Karte wartet mit saisonalen Schwerpunkten auf. Im Herbst folgt auf den Kürbis Wild und später Gansl. Vegetarisches findet man auf der Karte aber genauso wie die Kombination aus Fleisch und Gemüse. „Uns war es wichtig, dass auf der Karte jeder etwas für sich findet.“ Im Zweifel geht man den Weg der Qualität, „bei Produkten wie Zwiebel oder Pommes ist der Preisunterschied der Markenware zum Großhandel ja nicht so gravierend“, man zahle im Einkauf aber gerne mehr für klare Herkunft.
Das soll man auch schmecken, wenn an den rustikalen Holztischen einkehrt, die aus einem alten Dachstuhl von Tischlerhand gefertigt wurden. Selbst die Buns für die drei Burger im Restaurant wurden extra mit dem Bäcker Andreas Krenn entwickelt; sie sollten exakt ein wenig kleiner als die Rindfleisch-Patties von „Zum Riegler“ sein. Die Rezepte in Fischau entwickelt vielfach der Chef selbst, ein gutes Beispiel ist die „Bauern-Bowl“. Statt auf auf Reis oder Couscous baut die trendige Zubereitung auf Sauerkraut, Bratkartoffeln und Knödeln auf. Dafür gibt es als „Toppings“ auch Selchfleisch und Brat- würsteln. Auch die Oliven zur Vorspeise legt man selbst in einer Würzlake ein, das „geho- bene Niveau“ war Thomas Windisch wichtig, wird er nicht müde zu betonen.
Modernes Gesamtkonzept
Sieben Tage haben die Windischs das Restaurant geöffnet, lediglich von Oktober bis März ist montags geschlossen. Dafür kocht man auch am Sonntag bis 21 Uhr, ein Angebot, das bei Schönwetter im Außenbereich gerne angenommen wird.
120 Plätze zählt das Restaurant in der Vollbelegung, davon 38 im Innenraum, wo sich mit zwei Schaukeln an der Theke auch die originellsten Sitzplätze befinden. Der rustikale Stil mit Augenzwinkern zieht sich bis zu den 150er-Nägeln als Garderoben-Haken durch.
Altes Schlachtwerkzeug ziert die Wände ebenso und stellt den Bezug zum Handwerk hinter den Köstlichkeiten her. Von denen es spätestens in der Sommersaison 2022 noch mehr geben soll.
Über die Straße wartet mit dem Thermalbad und seinen beiden unchlorierten Schwimmbecken nämlich ein echter Touristenmagnet. „Wir werden sicher regelmäßig grillen“, schmiedet Rezeptentwickler Thomas Windisch bereits Pläne. Pastrami- oder Roastbeef-Sandwichs zum Mitnehmen soll es dann ebenso geben wie Salate „to go“. Vielleicht wird es sogar eine kleine Picknick-Wiese geben. Die passenden Weine jedenfalls hätte man im „Zum Riegler by Windisch“ schon jetzt: Wahlweise stehen zwei rote Haus-Cuvées parat. Sie heißen, passend zum neuen Fleisch-Eldorado, „Golden Ox“ und „Stier-blut“.
Autor: Roland Graf