Erheblichen Nachbesserungsbedarf sieht die Landwirtschaftskammer bei den EU-Kommissionsvorschlägen zur Einführung eines CO2-Grenzausgleichsmechanismus an den EU-Außengrenzen. Der Vorschlag für eine Verordnung zur Schaffung eines CO2-Grenzausgleichssystems sieht vor, dass die energieintensiven Produkte Stahl, Eisen, Zement, Aluminium und auch Stickstoffdüngemittel beim EU-Import aus Drittländern mit einem CO2-Grenzausgleich (Klimazölle) belegt werden sollen. EU-Importeure dieser Produkte sollen damit bei Importen ab 2026 entsprechende CO2-Zertifikate zum aktuellen CO2-Preis des Emissionshandelssystems ETS kaufen müssen. Damit soll bei diesen Produkten das Risiko von Verlagerungen der Produktion in Nicht-EU-Länder mit niedrigeren Klimastandards wirksam vermieden werden. Die Landwirtschaftskammer fordert nun, dass dieser Mechanismus auch für Agrarprodukte und Lebensmittel zur Anwendung kommen muss.
„Das System des geplanten CO2-Ausgleichs ist grundsätzlich ein wesentlicher klimapolitischer Fortschritt in der Handelspolitik, würde aber in der derzeit vorgeschlagenen Form die Wettbewerbsfähigkeit der EU-Landwirtschaft und der EU-Lebensmittelerzeugung zusätzlich enorm belasten. Daher muss der geplante CO2-Grenzausgleichsmechanismus jedenfalls auch für EU-Agrar- und Lebensmittelimporte zur Anwendung kommen“, fordert LK-Präsident Franz Waldenberger.
Noch höhere Düngemittelpreise nicht mehr durch Effizienzsteigerungen ausgleichbar
Wenn zukünftig die heimische Landwirtschaft nochmals teurere und klimafreundlichere Düngemittel einsetzen muss als die Mitbewerber in Drittstaaten, dann sei das angesichts des harten wirtschaftlichen Wettbewerbs auf den Agrar- und Lebensmittelmärkten nicht mehr hinnehmbar. Bereits jetzt sind Handelsdünger am EU-Markt wesentlich teurer, da der Düngemittelmarkt schon bisher durch Zölle und Antidumping-Maßnahmen vom Weltmarkt abgeschottet wird. „Die EU-Landwirtschaft und auch die heimische Agrarbranche sind nur deshalb weiter wirtschaftlich wettbewerbsfähig, weil sie wesentlich effizienter und damit auch ressourcenschonender produzieren. Zuletzt massiv gestiegene Betriebsmittelpreise können damit aber nicht mehr ausgeglichen werden und erfordern nun über den Getreide- und Ölsaatenbereich hinausgehend auch in der Tierproduktion steigende Erzeugerpreise”, appelliert Waldenberger.
Umstellung auf CO2-Grenzausgleich braucht Übergangszeiträume
Für die angestrebte Einführung von CO2-Grenzausgleichssystemen seien dringend entsprechende Übergangszeiträume erforderlich, um notwendige Markt- und Produktionsanpassungen zu ermöglichen. Auch der Aufbau neuer Kapazitäten für eine klimaschonendere Düngemittelproduktion brauche Zeit. Ansonsten bestehe die Gefahr, dass Produktionsausfälle durch Agrarimporte auf Basis illegaler Landnutzungsänderungen, wie etwa Regenwaldrodungen, ersetzt werden, was unter dem Strich dem Klima mehr schaden als nützen würde. “Eine nur einseitige Einführung von Klimazöllen bei Düngemitteln schützt zwar die EU-Düngemittelindustrie, würde aber in der Agrarproduktion zu Verlagerungen in Regionen außerhalb der EU führen und wäre damit in letzter Konsequenz auch für den Klimaschutz äußerst kontraproduktiv”, stellt Waldenberger klar.