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Melli Gruber: Frauen-Power in der Metzgerei

Melli Gruber ist Tiroler Landessiegerin und Lehrling des Monats:
 Wir haben mit der Quereinsteigerin über ihren Berufswechsel, die Lehrzeit und „Frauen im Fleischerhandwerk” gesprochen.

Melli Gruber (26) hat nach dem Einstieg in das zweite Lehrjahr das Goldene Leistungsabzeichen bei den TyrolSkills geholt und mit dem Landessieg beim Lehrlingswettbewerb der Tiroler Fleischverarbeiter:innen noch eins draufgesetzt. Diesen September wurde sie schließlich von der WKO und AK als Lehrling des Monats im Land Tirol ausgezeichnet. Ihre Lehre absolviert Melanie derzeit in der Klamm 80B, einer familiengeführte Metzgerei mit Schlachtung in Leutasch in der Tourismusregion Seefeld in Tirol. Die Chefleute Thomas und Simone Leitner haben den Betrieb im Jahr 2020 übernommen und bilden seit 2021 Lehrlinge aus. Ihre Herzensaufgabe sehen Fleischermeister Thomas und Fleischfachverkäuferin Simone in der Schlachtung, Veredelung und im Direktvertrieb von hochwertigem regionalem Fleisch. Den Begriff „Schlachthaus“ verwenden sie im Firmennamen mit Stolz, um Bewusstsein für den Stellenwert des regionalen Fleischerhandwerks zu schaffen. „Will man hochwertige regionale Fleischqualität, muss dazu auch das regionale Tier getötet werden. Da gibt es nichts zu verstecken. Uns geht es darum, dass die Konsumenten wissen, dass dazu ein Handwerk nötig ist. Nur ein gelernter Fleischer kann regional schlachten und so die Direktvermarktung unterstützen“, sagte uns Thomas Leitner anlässlich der Eröffnung der Klamm 80B im Jahr 2020 . „Uns schwebt eine Metzgerei vor, wie es sie früher gegeben hat“, meinte Leitner im damaligen Interview mit uns. Das ursprüngliche Handwerk ist es auch, dass die engagierten Chefleute und Ausbildner ihren Lehrlingen weitergeben möchten und ist einer der Beweggründe, warum sich Melli Gruber entschieden hat, in der Klamm 80B ihre Lehre zu absolvieren.

Melli Gruber: „In der Realität ist es im Fleischerberuf oft so, dass du als Frau doppelt so gut sein musst, als der beste Mann, damit du wirklich akzeptierst wirst. ” © Beigestellt

Fleisch & Co: Du bist Quereinsteigerin im Fleischerhandwerk. Was hast du davor gemacht?

Melli Gruber: „Ich war direkt nach der Matura über den Sommer auf einer Farm in Kanada, bin im Herbst zurückgekommen und genau da hat die Gemeinde in Leutach gesucht. Ich dachte, im eigenen Ort zu arbeiten und Gemeindeluft zu schnuppern, würde mir gut gefallen. Das hat es ja auch, aber nach drei Jahren kam die Ernüchterung. Ich stellte mir die Frage, ist das wirklich meine Berufung?“

Fleisch & Co: Wie kam es zur Begegnung mit den Leitners und der Klamm 80B?

Melli Gruber: „Ich hatte mit der Klamm 80B schon irgendwie geliebäugelt und immer wieder die Stellenausschreibungen gelesen. Bei einem örtlichen Fest haben wir dann das erste Mal gesprochen, aber keiner hat wohl vom anderen geglaubt, dass das ernsthaft was werden könnte. Ich blieb aber hartnäckig, rief einen Monat später an, durfte in den Beruf hineinschnuppern und so ist es dann gekommen, dass ich in der Klamm 80B die Lehre zur Fleischverarbeiterin begonnen habe.“

Fleisch & Co: Gab es schon davor Berührung mit dem Fleischerhandwerk?

Melli Gruber: „Ich habe die fünfjährige HBLA Kematen absolviert (Anm. d. Red.: Die HBLA Kematen ist inzwischen nach Rotholz in den Bezirk Schwaz übersiedelt). Da hatte ich bereits mit der Fleischverarbeitung im Unterricht zu tun. Wir haben im Rahmen unserer schulischen Ausbildung auch Pflichtpraktika gehabt. Ich habe auf einer Alm bei uns im Gaistal gearbeitet.“

Fleisch & Co: Wie fühlt es sich als Quereinsteigerin in der Lehre an?

Melli Gruber: Zum einen war natürlich super, dass mir aufgrund meiner HBLA-Matura einiges an Fächern angerechnet wurde, von Deutsch bis Mathematik oder Ernährungslehre. Meine Lehrzeit dauert also nur zwei statt drei Jahre. In der Berufsschule habe ich die Fächer Fleischtechnologie und Tier- und Fleischkunde als Theoriefächer. Im Betrieb versuchte ich von Anfang an, schnell zu lernen. Ich sauge alles auf, weil es mich interessiert. Ich habe mittlerweile auch gelernt, dass man mit wenig Erfahrung viel erreichen kann, wenn man interessiert ist. Ist kein Interesse da, wird es schwierig, jemandem etwas beizubringen.“

Fleisch & Co: Welche Eigenschaften sind für die Fleischerlehre wichtig?

Melli Gruber: „Na ja, das handwerkliche Geschick. Das hat sich bei mir relativ bald gezeigt, dass das da ist. Immer eine Rolle spielen wird sicher die Motivation, egal, was für ein Beruf es ist, ganz klar … und, dass man nicht zimperlich ist. Weil man sich vor allem beim Schlachten einige Sachen ansehen oder machen muss, die jetzt nicht gerade angenehm sind. Es wird also nicht nur Fleisch verarbeitet. Es muss ein Tier geschlachtet werden, da ist Blut, da ist Fell, da sind Gedärme, da ist Mist …“

Fleisch & Co: Wie erging es dir anfangs beim Schlachten?

Melli Gruber: „Für mich war es die größte Hürde und das habe ich gleich am Anfang gesagt: Ich weiß nicht, ob ich das Leben nehmen kann. Also, ob ich den Schuss machen kann. Ich habe diese Hürde überwunden, weil ich mir gedacht habe, wenn ich es nicht tue, dann macht es jemand anders, das Tier geht nicht mehr lebend raus. Nicht zuletzt weiß ich, dass unsere Tiere ausschließlich aus der Region kommen, kurze Wege und keinen Stress haben und vor dem Schlachten betäubt werden.“

Fleisch & Co: Welche Erfahrung nimmst du vom Schlachten mit?

Melli Gruber: „Nur noch wenige Metzgereien schlachten selbst und verarbeiten das Fleisch direkt für den Laden. Mit hauseigener Schlachtung ist das schon speziell und man lernt einfach von A bis Z das gesamte Handwerk. Ich konnte das auch in der Berufsschule bereits beobachten. Ein paar meiner Kollegen können super wursten, ein paar sind beim Zerlegen richtig gut und ein paar können bestimmt gut metzgern und schlachten. Aber dass jemand, so wie ich, überall einen Einblick hat und alles machen kann, das ist eher selten. Da bin ich sehr froh drüber. Wenn ich demnächst meine Lehrabschlussprüfung mache, bin ich eine sehr gut ausgebildete Fachkraft.“

Fleisch & Co: Was gefällt dir im Job am besten?

Melli Gruber: Also das Wursten, das würde mich noch mehr interessieren. Ich kann aber gar nicht genau sagen, was mir besser gefällt. Denn wie gesagt, finde ich inzwischen auch das Schlachten und Zerlegen toll. Es klingt vielleicht brutal, dass mir das Schlachten gut gefällt. Aber das hat damit zu tun, wie man es macht und wie das Ergebnis ist und natürlich, wenn ich weiß, es hat gut funktioniert.“

Fleisch & Co: Ist Nose to Tail wichtig für dich?

Melli Gruber: „Sehr wichtig. Das Schlachten ist der Ursprung. Wenn man das selber macht, sieht man genau, was ist und was bleibt. Welche Teile werden gut verkauft, welche weniger. Viele Konsumenten wissen nicht mehr, was man aus den einzelnen Teilen machen kann. Und das zu vermitteln, dass das alles gute Teile sind und es nicht nur das Filet gibt, das ist sicher eine schöne und wichtige Aufgabe –, aber natürlich auch keine einfache.“

Fleisch & Co: Vor welchen Herausforderungen steht das Fleischerhandwerk?

Melli Gruber: „Ich glaube, dass es für das Fleischerhandwerk immer schwerer wird, wenn es bei den Konsumenten kein Umdenken gibt. Da kann man auch recht viel Werbung machen und es hilft trotzdem nur bedingt. Es sind zumeist immer dieselben Kunden, die Geld für gute Qualität ausgeben. Der Großteil findet das zwar super, was wir machen, wenn man mit ihnen redet, aber dass sie dann in den Laden gehen und einkaufen, ist dann weniger der Fall.“

Fleisch & Co: Die Branche klagt über Fachkräftemangel. Wie siehst du das?

Melli Gruber: „Man muss eben auch samstags arbeiten, oder früh am Morgen beginnen und manchmal wird es auch länger, wenn viel zu tun ist. Aber wie soll man gut verkaufen, wenn am Samstag nicht offen ist und wie schlachten, wenn man nicht frühzeitig losstartet? Da geht es um Abläufe, es gibt nicht so viel Spielraum. Da muss man hoffen, dass man Leute bekommt, die das verstehen und denen das sozusagen ,wurscht‘ ist. Ich denke, es ist auch hier ein Geben und Nehmen. Ich finde, dass die Branche schon sehr viel tut, um Personal anzusprechen. Was ich mir aber sehr wohl wünschen würde, ist, dass bei der Mitarbeitersuche mehr auf das weibliche Geschlecht eingegangen wird. Die Hälfte der Bevölkerung ist weiblich, das hat großes Potenzial.“

Fleisch & Co:Was ist deine Meinung zum Thema Fleischersatz?

Melli Gruber: „Hm? Ich halte nicht viel davon. Ich sehe in Supermärkten, dass es dazu 50 % Angebote gibt. Da stellt sich die Frage, wie gut das wirklich ankommt, wie nachhaltig das ist (Stichwort: Avocados, Soja, etc.) und welche Inhaltsstoffe darin stecken. Selbstverständlich akzeptiere ich die unterschiedlichen Ernährungsformen und möchte umgekehrt, dass mich niemand zwingt, kein Fleisch zu essen.“

Fleisch & Co: Gibt es noch einen Wunsch?

Melli Gruber: „Ich habe sehr viel Zuspruch bekommen, für das was ich jetzt mache. In der Realität ist es aber im Fleischerberuf doch oft so, dass du als Frau doppelt so gut sein musst, als der beste Mann, damit du wirklich akzeptierst wirst. Man traut uns Frauen, überspitzt formuliert, den Wurstsalat und das Berner Würstel zu, aber nicht das Schlachten und Zerlegen. Ich würde mir daher wünschen, dass wir nicht gleich in eine Schublade gesteckt werden und – wie schon erwähnt – auch verstärkt angesprochen werden, wenn es um die Suche nach Fachkräften geht.“

Autorin: Barbara Egger

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