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Horngacher & Hönegger: Die alpine Vernunftehe

So bekannt wie Kalbfleisch-Rebell Hannes Hönegger ist, stieß die biozertifizierte Verkaufsmaschine an ihre Grenzen. Seine Partnerschaft mit dem deutlich größeren Pillersee-Fleischer Horngacher überrascht die Branche. Warum beide Partner schnell Synergien sahen, erfuhr Roland Graf exklusiv.

Den Kaffee für seinen neuen Geschäftspartner richtet Hannes Hönegger im Gemeinschaftsraum schon einmal her – „der Stefan kommt auch gleich“. Der Grund für die kurze Verspätung Stefan Horngachers sagt bereits ein wenig über das Mastermind des hochmodernen Fleischerei-Betriebs in Hochfilzen aus. Horngacher (Jahrgang 1978) ist ein EDV-Tüftler, den man eine Generation später wohl als „Nerd“ bezeichnen würde. Und er hängt zu Beginn des Interviews noch am Rechner fest.

Es ist im wahrsten Sinne des Wortes die Schaltzentrale des Betriebs in Hochfilzen. Die Produktionsführung an der Adresse „Genußstraße 2“ überlässt er seinem Bruder Jürgen Horngacher, alle Details hat er ohnehin elektronisch parat. Hannes Hönegger wiederum scheint den Kontakt mit Menschen nahezu zu brauchen. „Ich habe noch nie einen besseren Verkäufer getroffen“, formuliert das Stefan Horngacher anerkennend, kaum dass er Platz genommen hat.

Lungauer Aushängeschild für Bio-Kalb und -Rind: Hannes Hönegger hat in Rekordzeit vor allem die Spitzengastronomie überzeugt. Nun sollen auch die Endkonsumenten folgen. © Daniel Sobietzki

Hannes Hönegger: begehrtester Metzger

In der Tat hat der Lungauer eine Karriere hingelegt, die selten ist in der von Preiskampf, Schließungen und Hiobsbotschaften dominierten Fleisch-Branche. Dabei ist es keine fünf Jahre her, dass er Österreichs höchstgelegen Bio-Schlachthof eröffnet hat. Nun tituliert ihn die deutsche Zeitung „Welt am Sonntag“ schon einmal als „Österreichs begehrtesten Metzger“.

Die Prominenz seiner Kunden für bestes Rind und Kalb färbte offenbar ab.Mittlerweile hält der 39-Jährige selbst eine Beteiligung am Wiener Premium-Fast-Food-Lokal „Tatarie Marie“. In bester Innenstadt-Lage werden vom ehemaligen „Sacher“-Küchendirektor Dominik Stolzer Tartar-Häppchen zum Mitnehmen gereicht. Ein sommerliches Pop-up am Wörthersee erschließt diesen Sommer ein weiteres Bundesland für sein Bio-Kalbleisch. „Diesem Uran-Brennstab des Marketings haben wir nun ein perfektes Kraftwerk gegeben“, formuliert „Steff“ Horngacher seine Sicht der Zusammenarbeit bildkräftig.

Rohes Fleisch im urbanen Take-away bei der Tatarie Marie, die Hönegger gemeinsam mit Marco Simonis betreibt. © Beigestellt

Hönegger & Horngacher: Zwei Querköpfe bündeln ihre Stärke

Doch wie kam es zu der Partnerschaft zwischen dem 1,0-Mio.-Umsatz-starken Kalbfleisch-Spezialisten mit dem rund zehn Mal größeren Tiroler Familienbetrieb? Die Antwort Horngachers hat mehrere Ebenen. Die Sorge um das Tierwohl, der Hönegger sein Buch „Das Goldene Kalb“ gewidmet hat, sei auf jeden Fall ein ver- bindendes Element zum sechs Jahre jüngeren Salzburger gewesen: „Ich produziere ja selbst auch das ,Almschwein‘, das wie Rind Auslauf auf 2000 Meter genießt.“ Es ist eine kleine Produktion, die es eben nur einmal im Jahr gibt. Ähnlich wie es auch die Kälber sind, die Hönegger für seine Produkte natürlich aufwachsen lässt. Mit ihnen hat der 39-Jährige die Spitzengastronomie des deutschen Sprachraums – man kann es nicht anders sagen – missioniert. Im „Hangar 7“ findet man sein Fleisch ebenso wie im „Grill Royal“ in Berlin, das für viele Europas bestes Steakhouse darstellt. Qualität ist eines, persönlicher Einsatz des massiv tätowierten Hönegger und irrwitzige Kilometer-Leistungen sind das andere. Und der Bergbauer ist vor allem dafür bekannt, nicht herumzudrucksen. „Ab dem Verpacken waren wir Nackerpatzeln“, sagt er etwa über seine Logistik, die den Lungauer Schlachthof bald überforderte. „Da bin ich an meine Grenzen gestoßen. Nach einem Verkaufstag in Wien dann nachts die bestellten Burger zu produzieren, hätte mich wohl bald zerbrochen.“ In dieser Situation traf er auf Stefan Horngacher, dessen 2022 eingeweihter Betrieb in Hochfilzen noch Kapazität hatte. „Nicht dass es einfach gewesen wäre“, lachen die beiden Querköpfe des alpinen Fleisch-Wesens unisono, doch schnell erkannte man die gemeinsamen Vorteile.

1997 starteten Wolfgang und Greti Horngacher eine kleine Fleischerei – heute ist sie weit über die Landesgrenzen bekannt für die Top-Produktion und beschäftigt mittlerweile 25 Mitarbeiter. © Beigestellt

Fleischerei Horngacher: Zukunftsinvestition auf 1000 Metern

Es mag geholfen haben, dass auch die Pillersee-Fleischerei in Fieberbrunn ein recht junges Unternehmen war: 1997 gründeten Greti und Wolfgang Horngacher die Metzgerei, seit acht Jahren führt sie die nächste Generation. Ihr war es vorbehalten, 2019 den großen Sprung zu einer neuen Dimension des Produktions- und Veredelungsbetriebs zu machen. Denn das Detailgeschäft in Fieberbrunn gibt es nach wie vor. Doch knapp vor der Salzburger Grenze findet sich nun auf knapp 1000 Metern Seehöhe eine der modernsten Fleischereien des Alpenraums. 12 Millionen Euro flossen in die über 2000 Quadratmetern Nutzfläche direkt am Bahnhof des schneereichsten Tiroler Ortes. „Unsere Stärken liegen vorrangig in der Belieferung des SB-Bereichs und der Bedienung“ –, sechs Kühltransporter beliefern nicht nur ADEG-Märkte, sondern eine Reihe von Kunden zwischen Salzburger Land und Tiroler Unterland. 30 Mitarbeiter erzeugen Fleisch- und Wurst- waren (regionale Legende sind zum Beispiel die St. Johanner), die sich zu einem mehr als stattlichen Produktkatalog addieren.

Horngachers Steff-Menüs sind alle ohne Konservierungsstoffe. Hier geschmorte Kalbsbackerl. © Beigestellt

Horngacher: Allergiefrei und mit Alternativ-Energie

Er umfasst u.a. noch die Convenience-Linie „Steff Menü“, die Horngacher im Lockdown entwickelt hat. Von Suppen über Rindsrouladen und Chicken- Curry bis zum Lammbeuschel reicht die Auswahl. Ohne Konservierungsstoffe werden die Fertiggerichte angeboten – einen Vorgeschmack gibt die appetitliche Auswahl im Automaten der Firmenzentrale. „Mitarbeiter können sich hier abwechslungsreich versorgen“, so Horngacher. Daneben wird unter dem Signet „Dreierlei“ aber auch ein umfangreiches Cateringangebot offeriert. Dieser Ideenreichtum gehört seit Beginn zur Arbeit der Brüder Horngacher dazu. So war man ein Pionier bei allergenfreien Wurstwaren. Auch die Photovoltaik des 2022 bezogenen Neubaus war für die Gebrüder Horngacher selbstverständlich – das 2000 m2 große Dach liefert 1,3 Megawatt für den Betrieb. Der geteilte Innovationsgeist war also vorhanden bei „H&H“, doch wie erfolgte die Integration der Bio-Kälber Höneggers in den konventionellen Betrieb? „Das war gar nicht schwer“, nimmt Stefan Horngacher auch Kollegen die Schwellenangst. Erfahrungen mit Bio-Produktion gab es in Hochfilzen bereits, auch die entsprechende Zertifizierung und ein eigenes Lager. „Nun haben wir eigene Zerlegungstage vorgesehen“, so Logistik-As Horngacher.

Ein Partner für Multi-Gastronomen

Der unmittelbare Vorteil für Hannes Hönegger wird erneut an der Vergangenheit mit strapaziösen Nachtschichten bemessen: „Wenn ich heute beim Kunden bin und die Bestellung durchgebe, habe ich im günstigsten Fall vier Stunden später schon das fertig kommissionierte Produkt.“ Dass der ungeliebte Zweig des Warenwirtschaftssystems die Domäne Horngachers darstellt, hat sich so schnell bezahlt gemacht. Denn Kunden wie die „Bullerei“ des deutschen Kochstars Tim Mälzer lassen sich nun perfekt beliefern. Vor allem, weil in der neuen Partnerschaft auch die Realität der Gastronomie abgebildet werden kann. „Praktisch jedes Fine-Dining-Konzept hat auch ein Bistro oder eine großvolumige Gastronomie dabei“, weiß Hönegger. Nunmehr werden beide bestückt – handgeschnittener Burger für die Gourmets, gute Basisqualität für die Café-Terrasse nebeneinander.

Stefan Horngacher wiederum verfügt nun über ein breiteres Bio-Sortiment („Burger bekommst Du ja eh immer genug“), denn auch er ist überzeugt, dass die Gastronomie sowohl konventionelle als auch biozertifizierte Ware braucht. „Bei uns bekommt sie das an einer Adresse“, so der Tiroler. Dass Biofleisch eine Nische bleiben wird, sieht auch Kompagnon Hönegger so. „Es wird zu wenig forciert, denn für eine Stunde Schlachten muss man auch mit einer Stunde Bürokratie rechnen.“ Auch hier lebt das Duo gemeinsam die Transparenz. „Im Sommer muss natürlich auch zugekauft werden“, so Hönegger, der drei Tonnen Rind und Höneggers zehn Kälber pro Woche verarbeitet. „Aber wenn 60 Rinderzungen bestellt werden, dann geht das nur mit Partnern.“

Beste Waren bei laibspeise.at einfach online bestellen. © Beigestellt

Laib+Speise: Shop für Fleischgenuss

Partnerschaften hat man mit der neuen Schlagkraft auch im Handel gefunden; erste Produkte der gemeinsamen Marke „Hannes Hönegger – finest selection“ sind bereits erhältlich. Der Habanero-Kalbsleber- käse, dessen scharfe Naturwürze vom renommierten „Keltenhof“ stammt, ist das erste von drei Erzeugnissen, die auch den Auftakt für einen Webshop machen. Der klassisch und „spicy“ gewürzte Leberkäse gibt dabei www.laibspeise.at sogar den Namen.

Ebenfalls im Sortiment finden sich feurige Habanero-Käsekrainer. Dank einer Kooperation mit dem Weinhändler „Kate & Kon“ wird es aber auch Champagner („Bollinger“) für die luxuriöse Jause online zu kaufen geben. „Es ist uns gemeinsam gelungen, mit feinsten Zutaten wirklich einzigartige Lebensmittel zu kreieren“, formuliert es Stefan Horngacher, mit dessen Hilfe auch der Vorstoß in neue Dimensionen gelang. Die „Laibspeisen“ sind in allen Maximärkten von SPAR, dem Online-Kauf haus „Gurkerl.at“ und seinem deutschen Pendant „Knuspr.de“ gelistet. Kleine Brötchen bäckt das Duo „H&H“, wie es aussieht, offenbar nur für Leberkäsesemmeln …

Autor: Roland Graf

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