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Aufbruch in Osttirol: „A villgrota Stickl” – der neue Schlachthof

Bis ins Detail reicht bei der Villgrater Bergfleisch GmbH die regionale Verankerung: „Inser Gschäftl“ signalisiert klar den Osttiroler Geist. Herzstück der neuen Fleischerei ist aber der Schlachthof, den die zehn Gesellschafter im März in Betrieb nahmen.

Neuer Schlachthof in Eigenregie

Aufmerksame Beobachter erinnerten sich angesichts der Eröffnung des Schlachthofs in Außervillgraten noch
an die ersten Gehversuche in den 1990er-Jahren. Nach einem zweiten Anlauf 2005 ist es bereits der dritte Versuch, einen regionalen Ansprechpartner in Eigenregie zu organisieren. Der Zeitpunkt sei nun aber richtig, ist Leonhard Mair als Hauptinitiator überzeugt: „Wir wollen das verarbeiten und vermarkten, was in unserer Region geografisch und saisonal vorhanden ist.“ Dazu wurden im Vorfeld mit Direktvermarktungsprofis drei Hauptsäulen ausgearbeitet: Ankauf heimischer Nutz- und Wildtiere, die Lohnschlachtung mit individueller Teilrücknahme bzw. Verarbeitung nach Kundenwunsch sowie der Direktverkauf verarbeiteter und veredelter Fleischprodukte. Der Bau dafür steht und auch inhaltlich hat man sich diesmal bestens vorbereitet. Nicht ohne Stolz steht das – mit einem Osttiroler Wortspiel – auch auf dem paketierten Schweinsbraten. Er ist „a Villgrota Stickl“, wie man diese Portionsgröße nennt. Man hat aber auch ein „Stickl“ geliefert mit der pünktlichen Eröffnung von Schlachthof und angeschlossenem Geschäft. Besser gesagt haben die zehn Gesellschafter, darunter auch der Innervillgratener Bürgermeister Andreas Schett, den Traum von der Nutztier-Verwertung ermöglicht. Schetts Geschäftsführer-Kollege Leonhard Mair sieht darin auch einen Fortschritt für das Tierwohl: „Bei uns ist der Landwirt als für das Tier gewohnte Person durch die immens kurze Eigenanlieferung bis zur nahezu letzten Stunde dabei, was eine möglichst stressfreie Schlachtung ermöglicht.

So schaut ein echtes „Villgrota Stickl“ aus. © Beigestellt

Regionaler Wirtschaftskreislauf

Längerfristig strebt man zudem den Erhalt der Biozertifizierung an, so Schett“ und Mair. Als Glücksfall in der Gesellschafter-Struktur hinter dem „Villgrater Bergfleisch“ erweist sich, dass mit Ernst Muhr auch ein Koch mit internationaler Erfahrung in der Topgastronomie dazu zählt. „Ich darf unserem jungen Metzgermeister Tristan Hofmann mein Wissen weitergeben“, schildert der ehemalige „Heimspiel“-Wirt bescheiden seine Rolle. Konkret sollen Rezepte und Methoden entwickelt werden, um das ganze Tier von Kopf bis Fuß zu verwerten. Fix sind neben dem in Osttirol unverzichtbaren „Henkele“ – für Restösterreich: Luftgetrocknetes – Dauerwürste und Rohwürste. Im Fokus beim Selchen stehen überlieferte Rezepte. Vor allem aber gilt für die Produktion, dass der Faktor Zeit gewürdigt wird. „Demnach wird es bis Anfang September nur kleine Mengen geben“, so Ernst Muhr. Küchenfertig richtet er praktisch nebenan im „Haus Valgrata“ die Portionen für Endverbraucher her. Gulasch, Beuschel oder Vormariniertes werden unter dem Namen „DINE Villgrater Hausgemachtes“ einerseits direkt durch Muhr, andererseits gemeinsam mit Frischfleisch, Tiefkühlware oder Wurst im Bergfleisch-Laden angeboten. Allerdings sieht man in Außervillgraten auch eine Chance für die Zusammenarbeit mit der Gastronomie. „Ein gewisser Grad an Vorarbeit kann eine immense Erleichterung bringen“, will Spitzenkoch Ernst Muhr auch den akuten Zeit- und Personalmangel der Kollegen entschärfen.

Verarbeitet und vermarktet wird nur, was in der Region geografisch und saisonal vorhanden ist. © Beigestellt

Suche nach Wiederverkäufern

Freitags ist die Fleischerei kundenfreundlich von 17 bis 19 Uhr mit Bedienung geöffnet, samstags von 9 bis 12 Uhr. Ansonsten steht „Insa Gschäftl“ den Osttirolern als Selbstbedienungsladen zur Verfügung. Weiters werden die Fleischerzeugnisse aus der Manufaktur auch im „Genussladen“ in Lienz und der „Amlacher Speis“ (Amlach) erhältlich sein. Langfristig wird nach weiteren Partnern – besonders im urbanen Raum in ganz Österreich – gesucht. Doch so wie man dem Fleisch die Zeit zum Reifen gibt, „die andere verloren haben“, geht man es auch da mit Bedacht an. „Vor der Expansion im letzten Quartal 2023 wollen wir uns zuerst auf den Hauptstandort Osttirol konzentrieren“, so Ernst Muhr, „um diesen gut abzudecken.“
Eine Besonderheit des Betriebs stellt auch der Fokus auf Lammfleisch dar. Denn nicht erst seit der Pionierarbeit von Josef Schett und seiner für Felle und Naturkosmetik bekannte Marke „Villgrater Natur“ sind Schafe die Tiere des Tals schlechthin. Geschlachtet sollen die Lämmer das ganze Jahr über werden, auch wenn der Schwerpunkt zu Ostern und im Herbst liegen wird. Dann kommen die rund 400 Schafe von den Almen zurück in die Ställe des Tals. Wem all das bereits viel für einen Newcomer in Sachen Schlachtung und Veredelung vorkommt, der bekommt vom Geschäftsführer-Duo Mair und Schett noch mehr Zukunftsmusik serviert: „Wir haben ausreichend Platz und möchten uns zukünftig auch im Bereich Frischfisch und Fischverarbeitung betätigen.“ Und dann wäre da noch der Webshop, an dem die zehn Gesellscha!er ebenfalls bereits basteln.

Alle Informationen gibt es unter www.villgrater-bergfleisch.at

Autor: Roland Graf

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