Viel ist in dieser schwierigen Zeit von den Helden des Alltags und systemrelevanten Berufen die Rede. So zählen auch Österreichs Lebensmittelhandel und Landwirtschaft zu den wichtigen und gleichzeitig verlässlichen Akteuren in der Corona-Krise. Hamsterkäufe zeigen, wie wichtig die sichere Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln ist. Im öffentlichen und medialen Fokus stehen dabei naturgemäß die Supermärkte. Sie sind es, die tausende Mitarbeiter suchen, sie sind, es die jetzt in der Krise für Versorgungs-Stabilität und nicht zuletzt für ein Ende der Hamsterkäufe gesorgt haben.
One-Stop-Shopping in der Corona-Krise
Inzwischen weiß die Bevölkerung: Es ist genug da, auch Klopapier. Auch ist das Einkaufen jederzeit möglich. Ausgangsbeschränkungen und Sperren erlauben lebensnotwendige Wege wie den Arztbesuch und den Einkauf. Wer sich daran hält, versucht verständlicherweise seine Wege kurz und effizient zu halten. Mit einem Wort: Mit dem Einkauf im Supermarkt werden so gut wie alle (lebens)notwendigen Bedürfnisse gedeckt.
Nun ist es aber so, dass laut aktueller Krisenregelung nicht nur die Supermärkte, sondern auch die österreichischen Fleischerbetriebe zum größten Teil geöffnet sind. Dies wird aber medial wenig bis gar nicht zur Kenntnis genommen, auch die Kunden lassen die Fleischer im Regen stehen. Denn die Konsumenten tendieren zum One-Stopp-Shopping und das könnte Fleischerbetrieben und Metzgereien längerfristig das Genick brechen. Wie die Tiroler Tageszeitung vom 24. März 2020 berichtet, könnte es in Tirol nicht nur ein Metzger- sondern auch Bäckersterben geben, „weil viele Kunden nur noch in Supermärkten einkaufen würden“. Christian Ruetz, Chef der gleichnamigen und größten Bäckereikette Tirols wird mit der Prognose zitiert, dass das Jahr 2020 als Jahr in die Geschichte eingehen werde, in dem die meisten Bäckereibetriebe zusperren mussten.
Werden Österreichs Fleischer unter Druck geraten?
Das wäre verheerend, hat sich doch die Zahl der Bäckereien in den vergangenen Jahren von 3.000 auf 1.500 Betriebe reduziert. Bei den Fleischern ist es nicht anders. Auch hier gab es österreichweit ein Minus. Aktuell sind es noch rund 1.400 Fleischer und Metzgereien in ganz Österreich. Wenn sich also in der Krise das Einkaufen weiterhin größtenteils auf die Supermärkte beschränkt, geraten Österreichs Fleischer weiter unter Druck. Wie Tirols Innungsmeister Peter Paul Schweighofer berichtet, seien ihm in seiner Fleischerei in Götzens nicht nur das Jausen- und Imbissgeschäft weggebrochen, sondern auch die Kundschaft aus der Gastronomie. Via Tiroler Tageszeitung ruft Schweighofer in Erinnerung, dass der nächstgelegene Nahversorger, trotz der Ausgangsbeschränkungen in Tirol angefahren werden darf und die Betriebe auch nach der Corona-Krise wichtig für die Versorgung mit hochwertigen regionalen Produkten vor Ort sein werden.
Appell von Franz Dormayer von der Blunzn Fleischerei Dormayer in Langenzersdorf in Niederösterreich
Fleischermeister Franz Dormayer von der Blunzn Fleischerei Dormayer in Langenzersdorf in Niederösterreich richtet sich im sozialen Netzwerk Facebook mit einem flammenden Appell an die Kunden und Konsumenten:
Als Fleischermeister und direkter regionaler Nahversorger möchte ich Sie um etwas bitten:
In sämtlichen Medien wird im Zusammenhang mit der Corona Krise immer wieder darauf hingewiesen, dass der Lebensmittelhandel weiterhin geöffnet bleibt. Was leider selten erwähnt wird ist das Nahrungsmittelhandwerk. Die Fleischer-Fachgeschäfte, die Bäckereien und die kleinen Greisler in unserer Region.
Auch wir werden unsere Geschäfte weiterhin öffnen und können die Bürger mit frischen, regional hergestellten Lebensmitteln versorgen. Dies wurde seitens der Innung und der zuständigen Behörden eindeutig kommuniziert. Leider geht das zurzeit in den Medien unter, da in allen Veröffentlichungen immer nur vom Lebensmitteleinzelhandel gesprochen wird.
Dabei bieten wir einen ganz entscheidenden Vorteil gegenüber dem Handel: Nur unser Verkaufspersonal, welches wiederum hygienische Maßnahmen trifft um sauber zu arbeiten, wird die Ware berühren. Laut unseren Informationen hat das Virus in einer kühlen Umgebung auf Kunststoff eine sehr lange Überlebensdauer.
Da im LEH überwiegend frische Fleisch- und Wurstprodukte in offenen Selbstbedienungs-Regalen angeboten wird, sind wir vom Fleischerhandwerk überzeugt, dass eine Versorgung aus einer Frischetheke wesentlich sicherer ist. SB-Verpackungen werden von ganz vielen Menschen beim Einkauf immer wieder angefasst, ins Regal zurückgelegt und so geht das bei vielen Produkten mehrmals, bevor diese im Einkaufskorb liegen. Wenn jemand eine ausreichende Lebensmittelhygiene vorzuweisen hat, dann das Nahrungsmittelhandwerk.
In unseren Fleischereien finden Sie regionale Fleisch und Wurstspezialitäten die tagesfrisch unter besten hygienischen Bedingungen produziert werden. Da in unseren Fachgeschäften nur sehr wenig SB-Ware angeboten wird, können wir größtmögliche Sicherheit gewährleisten. Sicherer kann man aus unserer Sicht im Moment keine Lebensmittel einkaufen.
Die nötigen Vorkehrungen in Form von Einlasskontrollen und Einhaltung jeglicher vorgeschriebener Maßnahmen können wir durch Beschränkungen von maximal zwei Kunden die gleichzeitig im Verkaufslokal sind besser erfüllen als der Supermarkt, wo es eine ungesteuerte Kundenbewegung gibt.
Ganz viele Kollegen haben außerdem sehr schnell reagiert und bieten einen Lieferservice an. Hier sind wir wesentlich flexibler und besser aufgestellt durch unser Fachwissen im Punkto Kontaminationen von Waren als so manch Einzelhandel-Lieferservice der auf Betriebsfremdes Personal zurückgreift. Engpässe in der Versorgung sind momentan nicht zu erwarten, unsere Landwirte liefern aus der Region, schnell und zuverlässig.
Natürlich hat auch bei uns die Gesundheit unserer Mitarbeiter und deren Familien oberste Priorität und steht über allen wirtschaftlichen Interessen. Leider ist aber auch das Nahrungsmittelhandwerk massiv betroffen von den Corona-Auswirkungen und wird durch die Einführung von Kurzarbeit und Umsatzeinbrüchen gezeichnet.
Unsere Fleischer Fachgeschäfte im Bezirk Korneuburg sind überwiegend auch in der Belieferung von Schulen, Firmen und Staatlichen Einrichtungen aktiv und bieten umfangreiche Dienstleistungen im Catering und Eventservice an. Aus diesem Grund geraten zurzeit fast alle Fleischer im Bezirk Korneuburg in eine finanzielle Schieflage.
Wir schätzen die Bemühungen der Regierung sehr, sind aber ein wenig enttäuscht, dass wir das Gehalt für Mitarbeiter die in Kurzarbeit gehen vorstrecken müssen, um es später retourniert zu bekommen. Eine höhere Verschuldung ist für viele unserer kleinen Familienbetriebe nicht tragbar.
Daher ist es um so wichtiger für uns, dass wir weiterhin durch den Einkauf unserer Kunden die Möglichkeit bekommen, Gehälter an unsere Mitarbeiter auszahlen zu können und die Betriebe langfristig aufrecht erhalten zu können.
Durch den Einkauf in der Region und im Nahrungsmittelhandwerk unterstützt jeder Bürger auch die vielen kleinen Unternehmen in der Nachbarschaft.
Wir haben leider nicht die Finanzkraft eines Lebensmittelkonzerns Werbung in Zeitung, Radio oder Fernsehen zu schalten. Uns belastet im Moment, wie in vielen anderen Branchen auch, die Sorge um unsere Existenz.
Deshalb möchte ich Sie als Nahversorger im Bezirk Korneuburg bitten darauf hinzuweisen, dass wir vom Nahrungsmittelhandwerk auch weiterhin für unsere Kunden zur Verfügung stehen werden solange es uns ermöglicht wird.
Unsere Mitarbeiter in der Produktion und besonders im Verkauf, sorgen durch Ihre tägliche Arbeit auch weiterhin gerne und mit größtem Einsatz für die Versorgung der Bevölkerung in unserm Bezirk. Daher ist es uns ein großes Anliegen, wenn die Öffentlichkeit dies auch erfährt.
Unsere Behörden vergessen leider bei den Veröffentlichungen unser traditionelles Handwerk. Wir sorgen im gleichen Maße wie die Supermärkte für die Grundversorgung im Bezirk Korneuburg.
Wer Facebook hat kann hier direkt den Bericht lesen, kommentieren – und natürlich teilen!