Die Infografik zeigt die Qualitätspyramide bei Schweinefleisch.
Wenn sogar ein Diskonter wie Hofer beim Schweinefleisch neuerdings weniger auf Billig-Masse, sondern vermehrt auf höherpreisige Qualitäts-Klasse setzt, dann ist es für Österreichs Fleischhauergewerbe allerhöchste Zeit, auf diesen Zug aufzuspringen. „Unser Gustino Stroh Markenfleisch, seit Jahresbeginn 2017 mit dem Tierwohl-Modul des AMA Gütesiegels ausgestattet, erfüllt alle Ansprüche moderner, Tierwohl-bewusster Schweinefleisch-Konsumenten“.
Das sagt DI Dr. Hans Schlederer, Geschäftsführer des Verbandes der ländlichen Veredelungsproduzenten Oberösterreich (VLV) und deren Schweinebörse sowie Erfinder und Mastermind der VLV-Marke Gustino. Er ist Top-Experte in Sachen Schweinezucht, Schweinehaltung und Schweinefleisch, sein Markenzeichen ist die besonnene Einstreu von Sachargumenten, wenn widerborstige NGOs zur polemisch-pauschalen Schlammschlacht gegen unsere Schweinebauern aufrufen.
Der Umstand, dass gleich drei führende oberösterreichische Agrarpolitiker, nämlich Agrarlandesrat Max Hiegelsberger, Landwirtschaftskammer- Präsident Franz Reisecker und Jakob Auer, Obmann des österreichischen Bauernbundes, allesamt auf ihren Bauernhöfen die Schweinemast als Hauptgeschäft betreiben, ist so ganz nach dem Gusto des Gustino-Erfinders Schlederer.
Das lesen Sie in diesem Artikel Aber die jüngste NGO-Attacke hat sogar ihm fast die Rede verschlagen: „Dieser Tage wurde im EU-Parlament in Straßburg der Ausschuss für Kreislaufwirtschaft, Futtermittel und Lebensmittel mit dem Antrag befasst, dass Nutztiere nur noch mit solchen pflanzlichen Stoffen gefüttert werden dürfen, die für den menschlichen Verzehr ungeeignet sind. Begründung: Getreide und Eiweißfrüchte wie Sojabohnen an Nutztiere zu verfüttern, sei Lebensmittelmittelvergeudung. In meinen Augen der helle Wahnsinn!“
Denn, so Schlederer, es sei wissenschaftlich längst erwiesen, dass tierisches Eiweiß als Gehirnnahrung für unsere Gesundheit unerlässlich sei, weshalb dem Nutzvieh und insbesondere dem Schwein als perfektem „Verwandler“ von pflanzlichem in tierisches Eiweiß eine zentrale Rolle bei der Ernährung des Menschen zukomme, den die Natur als Allesfresser konzipierte. Besonders pikant ist, dass dieses Thema in der EU ausgerechnet zu einem Zeitpunkt hochkocht, da in der europäischen Schweine- und Geflügelmast die Verfütterung von Donausoja forciert und von vielen als Beitrag zum globalen Klimaschutz (Donausoja als Maßnahme gegen die Regenwald-Abholzung im Amazonas-Gebiet) gewürdigt wird.
Seit 21 Jahren zeichnet Schlederer für das Gustino-Markenfleisch des VLV, dessen Qualitätsprogramm und die daraus sich ergebenden Auflagen für die Schweinezucht, die Schweinemast und Schweinehaltung in den landwirtschaftlichen Betrieben verantwortlich. Und weil die 1.500 VLV-Bauern in Oberösterreich, dem Kernland der heimischen Schweinefleisch-Produktion, für gut die Hälfte des ober-österreichischen Marktvolumens aufkommen, ist Gustino nicht nur die einzige Schweinefleisch-Erzeugermarke, die regionale Herkunft mit nationaler Absatzbedeutung verknüpft, sondern auch Pionier bei der Einführung höherer Qualitätsstandards. Markenfleisch-Namen wie Porky kamen und gingen, Gustino ist geblieben. „In den Anfangsjahren ging es vor allem darum, durch Eber-Neuzüchtungen das PSE-Schrumpffleisch aus der Welt zu schaffen“, erinnert sich Schlederer.
Die weiteren Schritte der Qualitätsverbesserung bei Gustino erfolgten stets im engen Schulterschluss mit dem AMA Gütesiegel-Programm. Die Landwirtschaft Deutschlands, die sich seinerzeit vom CMA-System verabschiedet hat, beneide uns Österreicher mittlerweile um unsere AMA, sagt Schlederer. Die AMA erfülle die Funktion einer Plattform, damit Bauern, Verarbeiter und Händler beim Dialog über das Nahrungsmittel „Fleisch“ gemeinsam als qualitätsorientierte, auf Nachhaltigkeit bedachte Wertschöpfungskette auftreten können.
Dass man in der Frage: „Was ist ein gerechter Schweine(fleisch-)preis?“ meist recht unterschiedlicher Ansicht ist, steht auf einem anderen Blatt. Aber in der hochemotional geführten Diskussion über Tierwohl, hebt sich der „österreichische Weg“ wohltuend vom Gemetzel ab, das in der deutschen Medienszene herrscht, wo Provokation und Pauschalschelte für die gesamte Vieh- und Fleischwirtschaft auf der Tagesordnung stehen. „Steht das Schwein auf einem Bein, ist der Schweinestall zu klein“, twitterte kürzlich Deutschlands Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD), was den empörten Protest ihres Kabinettskollegen, des Landwirtschaftsministers Christian Schmidt (CSU), hervorrief. Bei uns wäre so ein Konflikt schon wegen der „Personalunion“ von Landwirtschafts- und Umweltminister undenkbar.
Das AMA Gütesiegel und die Herstellermarke Gustino, die das Fleischerhandwerk als ihren – mit Abstand wichtigsten – Absatzpartner betrachtet, gehen in einem besonders wichtigen Bereich konform. Nämlich bei der Festlegung auf eine Qualitätspyramide beim Schweinefleisch, deren Levels durch Kennzeichnung, Siegel und Marken-Zusatzelemente definiert sind (siehe Infografik Qualitätspyramide bei Schweinefleisch auf Seite 4).
Ebenso wichtig wie die klar festgelegten Qualitätsstandards und deren werbliche Auslobung beim Konsumenten sind die finanziellen Aspekte dieses Joint Ventures zwischen den Bauern und ihren Absatzpartnern.
„Unsere Schweinebauern zahlen jährlich rund 3,5 Millionen Euro AMA-Marketingbeitrag, pro Schlachtschwein sind das 75 Cent“, rechnet Schlederer vor. Andererseits bedarf es finanzieller Anreize, damit der Gustino-Schweinebauer jene Investitionen tätigt, die sich aus den Anforderungen des neuen AMA Tierwohl-Moduls ergeben, die ihrerseits für die neu positionierte Marke Gustino Stroh verbindlich sind.
„Wir zahlen unseren Bauern schon seit Jahren 10 Cent mehr für die Strohhaltung, jetzt gibt es vom Bund zusätzliche ÖPUL-Förderung für die Tierschutz-Stallhaltung, wie sie bei Gustino Stroh seit Jahresbeginn gültig ist.“
Schlederer ist zuversichtlich, dass die Umrüstung der Gustino-Schweineställe auf den Gustino Stroh-Tierwohl-Standard zügig voranschreitet, so dass auch die am Markt verfügbare Menge entsprechend anwächst. Ziel ist ein Prozent Marktanteils-Wachstum pro Jahr, sodass mittelfristig ein Anteil von zehn Prozent und mehr erreichbar ist. Jedenfalls soll das Strohschwein nicht das Schicksal des Bio-Schweins erleiden, das bislang mit einem Marktanteil von unter zwei Prozent nicht und nicht aus seinem Nischendasein herauskommt.
Damit diese Marktpräsenz erreicht wird, bedarf es vor allem des Gleichschritts zwischen der Markenwerbung auf der Absatzseite und dem Ausbau der Kapazitäten auf der Produktionsseite. Partnerschaften, wie sie zwischen Diskonter Hofer und Hütthalers „Hofkultur“-Bauern im Rahmen der neuen Handelsmarke FairHOF gestartet wurden, stehen jetzt auch bei Gustino auf der Agenda. Die Spar-Tochter Tann in Marchtrenk hat sich zum Ziel gesetzt, wöchentlich 150 Gustino Stroh Schweine zu beziehen, Metro in Oberösterreich macht sich daran, seine Eigenmarke „Voralpen Landschwein“ auf die neue Gustino Stroh-Qualität „upzugraden“.
Wie FairHOF hat auch Gustino Stroh mit Jahresbeginn die Fütterung mit gentechnikfreiem Donausoja als ökologische Zusatzauflage in sein Programm aufgenommen. „Donausoja ist eine Riesenerfolgsstory“, berichtet Schlederer und verweist – Stichwort: Kreislaufwirtschaft – auf die traditionell enge Verschränkung zwischen Viehzucht und Ackerbau, zwischen Schweinemast und Schweinefutter-Anbau in der heimischen Landwirtschaft.
„Mit AMA Tierwohl-Modul, Stroh-Haltung und Donausoja-Futter kreiert Gustino Stroh einen neuen Tierwohl-Standard beim Schweinefleisch“, so fasst Schlederer seine Strategie zusammen. Das Programm sei nicht abgehoben, sondern realistisch und eröffne daher allen 24.000 Schweinebauern des Landes neue Perspektiven, die mit der Umwelt und den ökonomischen Ansprüchen bäuerlicher Familienbetriebe gleichermaßen in Einklang stünden.
Jetzt liege es an den vielen Fleischhauern, die Gustino Fleisch beziehen, die jüngste Qualitätsverbesserung bei Gustino Stroh in ihren Betrieben umzusetzen und mit ihren handwerklichen Leistungen zu toppen. Sei es beim Fleisch-Bedienungsverkauf – der stärkste Wettbewerbsvorteil gegenüber dem SB-Fleisch der Diskonter –, sei es bei Eigenproduktion regionaler Wurstspezialitäten, sei es in der Fleischerladen-Gastronomie. Das hört sich saugut an.
Unglaubliche NGO-Attacke
Porky ist Geschichte
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