Die jährlichen Grill-Kochbücher von Adi Bittermann gehören fast schon zum Sommer. Dieses Jahr hat sich der Grillmeister der Nation bei einigen Freunden in ganz Österreich angesagt – und regionale Rezepte für den Rost gesammelt. „So grillt Österreich“ enthält neben den Rezepten auch ein heiteres Grill-ABC: Vom „Butter- hirsch“, einem gut genährten Ochsen, bis zum „Serviettenbeschwerer“ (alias Salatschüssel) sorgt es für Schmunzeln. Vor allem aber listet Bittermann im Buch auch empfehlenswerte Fleischer in allen neun Bundesländern auf!
Der Spitzenkoch sieht die Branche nämlich als natürlichen Verbündeten jedes Grillmeisters: „Die Fleischer haben das Rohprodukt in der Hand und können vor allem auch damit arbeiten“, lautet einer der Kernsätze des Gesprächs.
Fleisch & Co: Dein neues Kochbuch nennt nicht nur Lieblingsfleischer, sondern plädiert auch dafür, sich von einem Fleischermeister beraten zu lassen. Was wären denn die häufigsten Fehler beim Grillfleisch-Kauf?
Adi Bittermann: „Das wäre beispielsweise nicht gereiftes Fleisch beim Rind und zu wenig intramuskuläres Fett. Da wird es schnell trocken! Und man sollte auch mehr auf das Geschlecht eingehen; es macht einen Unterschied, ob ich eine österreichische Kalbin, XO-Beef oder eine alte Kuh habe. Man sollte aber auch mehr die alten Fleisch- teile zum Grillen anbieten wie z. B. Bügeleisensteak oder Hinteres Ausgelöstes (,Halssteak‚‘) bzw. Hüfte. Dann wären da Sirloin und Butt-Sirloin. Ich empfehle aber auch das ‚Obelix-Steak‘, einen trocken gereiften Schlögel von der Kalbin, der in Beinscheiben geschnitten zum Grillen oder Smoken wirklich herrlich ist!“
Fleisch & Co: Spannend sind ja auch die regionalen Grillrezepte in „So grillt Österreich“ – siehst Du starke Unterschiede beim Grillverhalten in den Bundesländern?
Adi Bittermann: „Ein bisschen herrscht ein Ost-West-Gefälle beim Grillen: Im Osten wird einfach viel mehr eingekauft und großzügig zubereitet und angerichtet, somit können immer mehr verköstigt werden. Im Westen wird viel mehr geplant, getüftelt und portioniert. Im Burgenland können bei einer Grillerei für vier Personen sicher auch zehn essen! In der Steiermark und Kärnten ist Grillen sehr mediterran inspiriert – mit gutem Öl und Kräutern. In Vorarlberg mag man es klassisch, kreativ und verspielt, während Oberösterreich das Schwein forciert.
Salzburg und Tirol legen wiederum viel Wert auf Rind. Und Niederösterreich ist sehr ausgewogen zwischen Rind, Schwein, Geflügel und Lamm. Wiener nehmen gerne die Angebote der regionalen Märkte oder die ,F 1 Halle‘ (die Fleischhalle am Großgrünmarkt, Anm. d. Red) wahr. Allerdings sind alle Bundesländer sehr regional unterwegs. Da hat sich als Trend durchgesetzt, dass ich nicht jeden Tag Fleisch essen muss. Aber wenn, dann ein ausgesuchtes gutes Stück.“
Fleisch & Co: Steak und Würstel sind natürlich die sommerlichen Klassiker am Rost. Merkst Du auch eine Nachfrage nach den „long jobs“ wie Brustkern in deiner Grillschule?
Adi Bittermann: „Hochrippe oder Tafelspitz im Ganzen sind Grill-Trends, wo die Leute ein Stück im Ganzen für Ihre Gäste grillen und dazu Beilagen geben. Schopfbraten, Rib-Eye, gegrillte oder geschmorte Rinderhüfte bieten sich da aber auch an. Oder mal ein Rehschlögel, Lammschlögel oder gerollter Schweinebauch vom Fleischer.“
Fleisch & Co: Das vormarinierte Fleisch ist eine der Fleischer-Dienstleistungen, Du bevorzugst aber eher Trockenwürze („rubs“) – wo liegt der Vorteil?
Adi Bittermann: „Der Vorteil besteht darin, dass ich so individueller und experimentierfreudiger sein kann. Ich bestimme selber den Schärfegrad und auch die Gewürzmengen.“
Fleisch & Co: Heute spricht man von „nose to tail“, Du warst immer ein Verfechter der Innereienküche: Welche Teile sind fürs Grillen Deiner Meinung nach noch unterschätzt?
Adi Bittermann: „Da gibt es einige! Short Ribs, Flap-Meat, Skirt-Steak, Flap-Meat-Steak, Chuck-Flap- Steak, aber auch einige Innereien wie Herz und Herzzapfen. Aber auch Leber, Bries und Niere kommen zu selten auf den Rost.“
Fleisch & Co: Für exquisite Cuts geht man vielleicht doch einmal jährlich zum Fleischer. Aber lässt sich der Kampf gegen das Billigfleisch über das ganze Jahr gewinnen?
Adi Bittermann: „Spezial-Cuts haben die Zukunft. Die Leute wollen Skirt-Steaks, Short Ribs mit der schönen Fleischauflage oder einen Herzzapfen. Die Fleischer können nur bestehen, wenn sie diese Spezial-Cuts anbieten. Denn sie haben das Rohprodukt in der Hand und können vor allem auch damit arbeiten. Mein Tipp wäre, einmal einen Griller vors Geschäft hinzustellen und ein paar dieser Cuts anzugrillen und verkosten zu lassen. Dann sehen die Leute, wie gut Fleisch sein kann. Wenn es gut gereift ist, eine gute Fütterung hatte und man das den Leuten erklärt. Da springt dann die Begeisterung über.“
Fleisch & Co: Zu guter Letzt: Was hältst Du von Herkunftskennzeichnungen – interessiert das Gäste bei Dir beziehungsweise ist das in der Grillschule ein Thema?
Adi Bittermann: „Das ist auf jedem Fall ein Thema. Ich muss die Leute sensibilisieren, Ihnen erklären, wo die Ware herkommt und Vertrauen aufbauen. Denn mein Gast in der Grillschule ist ein ,Botschafter des guten Geschmacks‘! Die Teilnehmer tragen es im Idealfall hinaus und fordern dann auch im Einzelhandel die beste Qualität ein.“
Autor: Roland Graf