Wien (PK) – Während in fünf europäischen Ländern die Haltung von Schweinen auf Vollspaltenböden bereits verboten wurde, sei diese in Österreich noch immer erlaubt und werde sogar mit Steuergeldern gefördert, beklagt SPÖ-Abgeordneter Dietmar Keck in einem Initiativantrag (908/A). Er forderte in der heutigen Sitzung des Nationalrats im Rahmen einer Kurzen Debatte, dem Gesundheitsausschuss zur Behandlung des Antrags eine Frist bis 1. Juli zu setzen. Dieser Fristsetzungsantrag blieb in der Minderheit.
Laut dem SPÖ-Antrag sind Um- und Neubauten von Stallungen ein Gebot der Stunde. Die Haltung von Schweinen „auf vollständig perforiertem Boden” müsse gänzlich verboten und in den Stallungen verpflichtend einen Liegebereich mit weichem, organischem Material vorgesehen werden.
Die dafür notwendigen Mindestflächen sollen vom Gesundheitsminister per Verordnung definiert werden. Damit sich die heimischen LandwirtInnen rechtzeitig auf die neue tiergerechte Regelung einstellen können, soll für die Umstellung der Schweinehaltung eine Übergangsfrist bis 1. Jänner 2025 festgelegt werden.
Nach der Begründung des Antrags durch SPÖ-Abgeordneten Keck kam es zu einer kurzen Geschäftsordnungsdebatte. SPÖ-Abgeordneter Jörg Leichtfried merkte das Fehlen von Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein bei der Debatte an. Da das Thema aber dessen Ressort betreffe, beantrage er die „Herbeischaffung” des Ministers, sagte Leichtfried.
Seitens der FPÖ kritisierten Hannes Amesbauer und Martin Graf das Fehlen des Ministers als ein weiteres Beispiel des mangelnden Respekts der Mitglieder der Bundesregierung vor dem Parlament. Seitens der ÖVP argumentierten Georg Strasser und Klubobmann August Wöginger, Fristsetzungsanträge seien eine Angelegenheit der Geschäftsordnung. Daher sei es auch üblich, dass MinisterInnen an den Debatten dazu nicht teilnehmen.
Ralph Schallmeiner (Grüne) verwies auf einen wichtigen Termin des Ministers. Die Klubobfrau der Grünen Sigrid Maurer fügte hinzu, es habe sich offenbar ein Missverständnis ergeben. Bundesminister Mückstein sei bereits wieder auf dem Weg in den Plenarsaal. Der Herbeischaffungsantrag der SPÖ blieb bei der Abstimmung in der Minderheit.
SPÖ fordert rasche Beschlüsse, um Tierleid zu beenden
SPÖ-Tierschutzsprecher Dietmar Keck betonte, die Fristsetzung sei deswegen notwendig, weil Anträge nicht zeitgerecht im Ausschuss behandelt würden. Die Haltung von Schweinen auf Vollspaltenböden sei für die Tiere schwer gesundheitsschädlich. Die Tiere hätten zudem wenig Platz und würden Schwellungen an den Gelenken erleiden, Hautschwielen sowie Augen- und Lungenentzündungen, da sie direkt über ihrem Kot leben müssten.
Die mangelnde Beschäftigung der Tiere führe zu Stress und Aggressivität sowie oft zu schweren Verletzungen durch Ohren- und Schwanzbeißen. Schon allein nach dem Wortlaut der EU-Verordnung müssten die Vollspaltenböden verboten werden. Eine Umrüstung aller Ställe würde insgesamt rund 250 Mio. € kosten. Das bedeute, dass man mit einem Aufwand von 50 Mio. € jährlich innerhalb von fünf Jahren das Problem behoben werden könnte.
Den ÖsterreicherInnen sei es ein Anliegen, dieses Tierleid zu beenden. Er wies auch auf weitere Anträge der SPÖ hin. Diese sprechen sich gegen betäubungslose Ferkelkastration, gegen die Tötung männlicher Küken und gegen Massentiertransporte aus. Der Abgeordnete forderte auch, für importierte Hunde eine Tollwutimpfung als Mindestanforderung festzulegen. Damit könnten keine Jungtiere unter 15 Wochen eingeführt werden, was dem illegalen Welpenhandel einen Riegel vorschieben würde, argumentierte Keck.
Koalition verweist auf bereits geplantes Tierwohl-Paket
ÖVP-Abgeordneter Franz Eßl betonte, es gehe nicht um die Menge der Anträge, sondern um eine planvolle, zielgerichtete Vorgangsweise. Nach dem Hearing mit ExpertInnen werde man die Ergebnisse einarbeiten. Das Gesundheitsministerium werde bis Herbst entsprechende Vorlagen liefern, die man dann ausführlich diskutieren werde. Grundsätzlich habe Österreich bereits sehr hohe Anforderungen in der Tierhaltung. Wenn die österreichischen LandwirtInnen am Markt nicht mehr mithalten können, riskiere man, dass mehr ausländische Produkte und mehr Tierleid importiert werde.
Auch die KonsumentInnen müssten daher ihre Rolle wahrnehmen. Die Summe von 250 Mio. €, die Keck genannt habe, sei nur eine erste Schätzung, betonte Eßl. Sie werde seiner Meinung nach längst nach nicht reichen, um alle Ställe umzurüsten. Das Motto der ÖVP sei „Anreize statt Gesetzeskeule”. In diesem Sinne habe die Landwirtschaftsministerin bereits ein umfangreiches Paket mit Anreizen für LandwirtInnen zur verbesserten Tierhaltung geschnürt. Die Fristsetzung lehne er ab, da eine ordentliche Diskussion geführt werden müsse, sagte Eßl.Jede Initiative, um über Tierschutz zu sprechen, sei grundsätzlich zu begrüßen, sagte Faika El-Nagashi (Grüne).
Das Hearing zum Tierschutz-Volksbegehren im Gesundheitsausschuss und alle dort vorgebrachten Argumente könnten über die Aufzeichnung des Livestreams nachverfolgt werden, unterstrich El-Nagashi. Alle Fraktion hätten sich grundsätzlich zu einem völligen Systemwandel in der Fleischproduktion ausgesprochen. Über den Weg dorthin gebe es jedoch verschiedene Auffassungen. El-Nagashi sah das Tierschutz-Volksbegehren als klaren politischen Auftrag, ein Tierwohl-Paket vorzulegen. Bundesminister Mückstein habe bereits angekündigt, dass er ein solches unter Einbeziehung aller Gremien erarbeiten wolle.
Oppositionsparteien drängen auf weitere Schritte zum Tierwohl
SPÖ-Abgeordnete Cornelia Ecker vertrat die Ansicht, dass die schrecklichen Haltungsbedingungen in der Schweinemast keinen Aufschub dulden. Dem “Verein gegen Tierfabriken (VgT)” und anderen NGOs sei dafür zu danken, dass sie immer wieder auf das Tierleid hinweisen, das durch diese Haltungsform entsteht. 80% der Österreicher würden diese Haltungsform ablehnen.
Die katastrophale Lage müsse beendet und ein Verbot von Vollspaltenböden ausgesprochen werden, um dieser Tierqual ein Ende zu bereiten.Ihre Fraktion teile die Anliegen der SPÖ, sagte Fiona Fiedler (NEOS). Die Materie sei jedoch komplex, ein bloßes Verbot von Vollspaltenböden werde daher nicht ausreichen, man brauche auch begleitende Maßnahmen. Auch die Frist einer Umrüstung bis 2025 sei vermutlich zu kurz.
Die kleinen österreichischen Strukturen der Landwirtschaft würden im Wettbewerb der Billigproduktion niemals mithalten können. Daher müsse man auf Gütesiegel setzen, die Qualität und Tierwohl klar fördern. Jedenfalls müsse verhindert werden, dass Österreich am Ende nur mehr Billigfleisch importiere.
Das Thema Tierhaltung sei für KonsumentInnen und Bäuerinnen und Bauern sehr wichtig, sagte Peter Schmiedlechner (FPÖ). Allen Anträgen der SPÖ, die Keck ausgeführt habe, könne er einiges abgewinnen. Allerdings müsse man auch darauf achten, dass LandwirtInnen nicht aufgrund immer strengerer Vorschriften auf der Strecke bleiben. Höhere Haltungsstandards müssten ihnen auch abgegolten werden. Wer hohe Standards und hohe Qualität einfordere, müsse bereit sein, entsprechende Preise für Lebensmittel zu zahlen, betonte Schmiedlechner.
Er kritisierte in diesem Zusammenhang die Billigfleisch-Aktionen von Handelsketten. Tierschutz müsse mit Hausverstand und nicht auf dem Rücken der Bäuerinnen und Bauern erfolgen, sagte der FPÖ-Landwirtschaftssprecher.
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