Tiroler Lebensmittelgewerbe fordert Impulse für die Lehre: In den letzten Jahren hat sich die Situation am Lehrstellenmarkt deutlich zugespitzt. So ist es derzeit in allen Branchen schwierig, neue Auszubildende zu finden. Laut Tiroler Lehrlingsstatistik befinden sich aktuell rund 200 junge Menschen in einer Ausbildung im heimischen Lebensmittelgewerbe. Das Interesse an den traditionellen Handwerksberufen, wie etwa das Bäckerhandwerk, ist nach wie vor gegeben.
Mit Stichtag: 31.05.2022 verzeichnete Tirol 41 Bäckerlehrlinge, pro Jahr kommen ca. sechs neue Meisterinnen und Meister hinzu. „Unser Ziel ist es, die Vorteile des Bäckerberufes für die junge Generation verstärkt aufzuzeigen. Auch Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger können Bäcker:innen werden. Die Lehrberufe Bäcker:in oder Backtechnolog:in sind spannend und bieten einen sicheren Job für die Zukunft“, informiert Bäcker:innen-Sprecher Gerd Jonak.
Leichter Zuwachs bei den Metzger:innen & Konditor:innen
Bei den Metzger:innen freut man sich über einen Zuwachs von 4 Prozent bei den Lehrlingen im Vergleich zum Vorjahr (31.05.2021: 47 / 31.05.2022: 49). „Es ist schön zu sehen, dass wir auch in der aktuell herausfordernden Zeit junge Kolleginnen und Kollegen für unseren Beruf begeistern können. Jeder einzelne Lehrling ist wichtig, um den Fortbestand unseres Handwerks zu sichern“, betont Georg Schuler, Berufsgruppen-Stellvertreter der Metzger:innen.
Auch die Konditor:innen verzeichnen bei den Lehrlingszahlen eine leichte Steigerung. 2021 gab es 83 Lehrlinge. Heuer sind bereits 90 Lehrlinge in Ausbildung (Stichtag 31.05.2022). „Der Beruf der Konditor:in bietet ein vielfältiges und abwechslungsreiches Aufgabengebiet. Neben kreativen Arbeiten muss man auch innovativ sein und die Produkte immer wieder an neue Ernährungsformen anpassen“, erklärt Konditor:innen-Sprecher Thomas Peintner.
Dennoch ist man im regionalen Lebensmittelgewerbe vorsichtig optimistisch. Auch wenn die Zahlen aktuell stabil sind, braucht es Maßnahmen, um auch in Zukunft den Fortbestand des Handwerks sichern zu können. „Es ist uns wichtig frühzeitig zu reagieren, bevor es zu spät ist,“ betont Simon Franzoi, Geschäftsführer der WK-Lebensmittelinnung.
Ausbildungsstandard auf hohem Niveau
Mit neuen Ausbildungsplänen will die Wirtschaftskammer Tirol eine ständige Verbesserung der Lehre garantieren. „Wir sind immer bemüht die Lehre als Gesamtes aufzuwerten. Deshalb ist es uns wichtig, die Qualität der Ausbildung gemeinsam mit den Lehrbetrieben immer wieder voranzutreiben,“ informiert David Narr, Fachkräftekoordinator der Tiroler Wirtschaftskammer.
Besonders bei den Lehrberufen der Bäcker:innen, Metzger:innen und Konditor:innen ist das Ausbildungsniveau sehr hoch. Das freut auch Simon Franzoi: „Die Lehrlinge der Lebensmittelgewerbe sind bei nationalen und internationalen Wettbewerben immer vorne mit dabei. Das zeugt von der Qualität der Lehrbetriebe und Berufsschulen.“
Wenn sich jemand für den Beruf im Lebensmittelgewerbe entscheidet, gibt es genug Ausbildungsplätze in Tirol, betont der WK-Fachkräftekoordinator David Narr: „Wir haben zum Glück viele Backstuben, Metzgereien, Konditoreien und Genussmittelbetriebe, die hervorragende Lehrbetriebe sind und an der Lehrlingsausbildung festhalten.“
Flexiblere Ausbildungszeiten gefordert
Um auch in Zukunft junge Menschen für das traditionelle Handwerk der Bäcker:innen, Metzger:innen, Konditor:innen und Genussmittelbetriebe begeistern zu können, müssen die gesetzlichen Rahmenbedingungen sinnvoll überarbeitet werden. Damit soll vor allem Raum für innovative Arbeitszeitmodelle geschaffen werden. „Im Prinzip geht es darum, die aktuellen Regelungen zu novellieren, um flexiblere Ausbildungszeiten zu ermöglichen,“ so die Forderung von WK-Fachkräftekoordinator David Narr.
Anreiz schaffen: Prämie für Meisterprüfungen
Für den Fortbestand der regionalen Lebensmittelgewerbe sind neue Meister essenziell. „In Tirol sind wir in der glücklichen Lage, viele Meisterabsolvent:innen feiern zu dürfen“, meint David Narr. Der Meister hat in Tirol einen sehr hohen Stellenwert. „Der Zugang von jungen Menschen, das Handwerk mit einem Meistertitel abzuschließen, ist spürbar. Die Wertigkeit und das Bewusstsein ein Meister zu sein, ist nach wie vor sehr hoch,“ so der WK-Fachkräftekoordinator.
Damit dies auch in Zukunft so bleibt, fordert die Wirtschaftskammer eine Prämie für Meister- und Befähigungsprüfungen. „Wir benötigen dringend Bäcker-, Fleischer- & Konditormeister. Unsere Forderung zielt darauf ab, dass die Abschlussprüfung einer fachlichen Weiterbildung finanziert wird,“ erklärt David Narr. Das soll nicht nur Anreize zur Weiterbildung von Facharbeiter:innen schaffen, sondern auch eine Gleichstellung zur universitären Ausbildung ermöglichen. Dort ist derzeit eine Fachausbildung ohne Prüfungsgebühren möglich.
Tourismus braucht starkes Lebensmittelgewerbe
„Wir brauchen starke regionale Lebensmittelgewerbe und auch Menschen, die sich für diese Berufe begeistern und uns eine Vielfalt auf den Teller bringen,“ erklärt WK-Geschäftsführer Simon Franzoi. Zukünftig soll ein Bewusstsein geschaffen werden, welchen Mehrwert diese Berufe für die Gesellschaft bringen. Die traditionellen Handwerke der Bäcker:innen, Metzger:innen, Konditor:innen und Genussmittler haben einen enormen Einfluss auf die Wertschöpfung direkt vor Ort. „Besonders die Gastronomie und der Tourismus brauchen diesen Berufsstand, um regionale Produkte in der richtigen Qualität dem Gast in Tirol anbieten zu können,“ erklärt Franzoi.
Neue gemeinsame (Online)-Wege: tirol-schmeckt.at
Ein erster Schritt für eine größeres Bewusstsein der regionalen Lebensmittelgewerbe ist die neue Online-Plattform www.tirol-schmeckt.at. Seit 2021 präsentieren die Bäcker:innen, Metzger:innen, Konditor:innen und Nahrungs- und Genussmittelbetriebe online die Vorteile und den Mehrwert ihrer Branchen, um vor allem neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für das traditionelle Handwerk zu begeistern.
Mit spannenden Geschichten rund um das Wirken der vier Berufsgruppen bekommen die Userinnen und User exklusive Einblicke in die Backstube, Metzgerei oder Produktionsstätte – Mitgliederportraits inklusive. „Es geht vor allem darum die Besonderheiten unserer Mitgliedsbetriebe hervorzuheben“, erklärt Simon Franzoi. Die Webseite verzeichnete in den ersten neun Monaten mehr als 30.000 Aufrufe, auf Facebook erreichten die Tiroler Stories bereits ca. 320.000 Menschen.
Weitere Infos: www.tirol-schmeckt.at