Vor zehn Jahren klang es keineswegs danach, als würde Harald Neumaerker je Gründer einer exklusiven Fleisch-Marke werden. „Schweinsbraten mag ich nicht: Entweder klebt die zu weiche Kruste zwischen den Zähnen oder er ist trocken“, ließ er den Caterer seiner Hochzeit wissen. Doch der Koch blieb hartnäckig. „Er hat mich praktisch gezwungen, seine Variante zu verkosten“, erinnert sich der „Aumaerk“-Gründer. Es sollte der Beginn einer intensiven, gemeinsamen Beschäftigung mit Fleisch und seiner Zubereitung quer durch die Jahrhunderte werden. 2016 startete das Unternehmen, heute wird im Wiener 21. Bezirk jedes einzelne Fleischstück – vom Huhn bis zur Rinderrippe – mit Schall (!) behandelt.
Profi-Köchin als Geschäftsführerin bei Aumaerk
Viel mehr zu seinem Verfahren ist dem Erfinder und Techniker Neumaerker nicht zu entlocken. Außer, dass es u. a. von der Sitte der antiken Römer inspiriert wurde, Fleisch zwischen dem Braten auf Eis vom Ätna zu kühlen. Etwas konkreter wird im Interview dann Miriam Okoroego. Die gelernte Köchin leitet seit dem Vorjahr als Geschäftsführerin die Produktion in Floridsdorf. Die 42-Jährige sprach mit Fleisch & Co über Produktent- wicklung, saisonale „Renner“ und wie man Fleisch überhaupt online vermarktet.
Fleisch & Co: Frau Okoroego, Sie haben praktisch mitten in den Lockdown hinein angefangen. Wie erging es „Aumaerk“ in den letzten zwei Jahren?
Miriam Okoroego: „Der erste Lockdown 2020 hat uns anfangs ,gedient‘, da hat man richtig gesehen, dass die Leute daheim waren und nicht wussten, was sie tun sollten. Wir kommen ja aus der Gastronomie und hatten zum Glück den Shop für Privatkunden schon aufgezogen. Allerdings sind unsere größten Kunden davor Kreuzfahrtschiffe gewesen. Die fielen natürlich weg. Auf der anderen Seite sagt das Kennern immer gleich viel über die Qualität von ,Aumaerk‘. Denn die muss passen, sonst bist du bei denen gleich wieder draußen!“
Fleisch & Co: Jetzt geht es beim Fleischeinkauf sehr um den sinnlichen Eindruck. Wie vermittelt man den im Online-Shop?
Miriam Okoroego: „Langfristig sehen wir da – nach fünf Jahren am Markt – nur eine Chance: Die Empfehlungen zufriedener Kunden. Wir sind als ,Trusted Shop‘ ausgezeichnet, das bedeutet, dass wir nur echte Kunden-Rückmeldungen veröffentlichen dürfen. Und die Mundpropaganda ist immer noch die glaubhafteste Werbung. Und wenn wir vollmundig behaupten, ,das beste Fleisch der Welt‘ zu liefern, dann wollen natürlich auch einige testen, ob das so ist. Auch das hilft.“
Fleisch & Co: Wobei hinter diesem Gourmetfleisch ja 19 Veredelungsschritte stecken. Ist das ein Mix aus klassischem Fleischerhandwerk und Ihrem Patent?
Miriam Okoroego: „Den klassischen Zerlege-Betrieb mit Ausbeinen usw. stellen wir nicht dar. Wir beziehen die Cuts nach klaren Vorgaben von unseren Lieferanten. Die schauen wir uns auch genau an, erst letztens stand ich im Lungau in der Jauche! Stallbeschau ist uns wichtig, denn auf dieser Qualität basiert dann unsere acht Tage dauernde Veredelung. Zwei Jahre hat der reine Forschungsvorlauf dafür gebraucht – und da meine ich auch wirklich Forschung. Das begann bei der Arbeit mit Schall, die ja nichts Esoterisches ist. Wir beschallen den Schweinsbraten ja nicht mit Mozart! Aber das Fleisch durchläuft verschiedene Temperaturkurven, die am Ende die Fasern sanft voneinander trennen. So bleibt alles saftig für die sanfte Vorgarung, die auch mit genau definiertem Erhitzen und Abkühlen passiert.“
Fleisch & Co: Auch „Wet Ageing“ spielt eine Rolle, obwohl ja aktuell alle so sehr auf „Dry Ageing“ stehen?
Miriam Okoroego: „Der Zukauf erfolgt bei uns mit Frischfleisch, das wäre offen schwierig in der Weiterverarbeitung. Vor allem aber geht es bei unserem Verfahren darum, den Flüssigkeitshaushalt im Fleisch, also: die Saftigkeit, zu optimieren. Warum sollte ich es da vorher austrocknen? Der große Vorteil ist, dass wir uns Zeit nehmen können. Wir haben da unseren eigenen Standard gesetzt bei den Cuts.
Die wollen wir stets in derselben, definierten Größe und wir machen nur die. Dann durchlaufen sie alle Veredelungsphasen bis hin zum Vorgaren. Dafür gelingt dann das „Pork Royal“ auch immer gemäß der Kochanleitung in 50 Minuten. Was für Kochneulinge natürlich wichtig ist.“
Fleisch & Co: Das leuchtet ein! Allerdings müssen Sie die nicht nur von der Qualität überzeugen, sondern auch vom Preis von z. B. € 69,- für 1,2 kg Schweinsbraten.
Miriam Okoroego: „Convenience“ bedeutet ja kein schlechtes Produkt. Man muss nur klar machen, dass bei uns kein Fleisch einfach in einen Vakuumsack gepackt wird und dann vor sich hindümpelt. Selbst die Würzung, bei der wir auf Zusatzstoffe, selbst Rieselhilfe beim Salz, verzichten, wurde extra entwickelt. Für die Gastronomie sind wir ganz klar jemand, der Lösungen für viele Sorgen anbieten kann: für Platzprobleme, Personalschwierigkeiten – etwa wenn ein Alleinkoch alles machen muss – und auch beim Mindesthaltbarkeits- datum (MHD). Wäre ich selbst als Köchin mit Aumaerk groß geworden, hätte ich mir viel Zeit, aber auch Schweiß und Tränen erspart!“
Fleisch & Co: Das MHD ist in der Tat erstaunlich lang: ein Monat für Endkunden, bei TK-Ware sogar ein Jahr. Ist das ein Nebeneffekt der Schallreifung?
Miriam Okoroego: „Das Verfahren unterstützt in der Tat die Haltbarkeit. Man hat das als Effekt ursprünglich nur erhofft und es ist zum Glück auch so gekommen. Und ein langes MHD in dieser Qualität ist natürlich auch ein starkes Ver- kaufsargument. Das hilft uns etwa bei den Kreuzfahrtschiffen enorm, die lange auf See sind und nur einen zentralen Versorgungshafen haben.“
Fleisch & Co: Was unsere Leser:innen sicher interessiert: Wie wächst man im Online-Verkauf von Fleischspezialitäten?
Miriam Okoroego: „Die Zielgruppen würfeln sich gerade neu durch. Es steht ganz hoch im Kurs, dass Din- ge hinterfragt werden. Das gilt mehr denn je für die Transparenz bei der Nahrung, egal, ob pflanzlich oder beim Fleisch. Wir müssen uns dem stellen, wollen diesen Fragen aber auch von uns auch gerecht werden. Die Zielgruppen Gastro und Privathaushalt befruchten sich aber auch gegenseitig: Die Produkte sind gelingsicher für die Gastronomie und die Haushalte finden es gut, wenn sie das Gleiche verwenden wie Spitzenköche. Und wir geben auch Antworten auf Fragen, die Konsumenten oft beschäftigen – etwa beim Kühlmittel.“
Fleisch & Co: Wie sieht da die Lösung aus?
Miriam Okoroego: „Theoretisch könnten Sie das sogar trinken, wir empfehlen aber, damit die Blumen zu gießen. Im Ernst: Statt Kühlakkus und Flüssigkeiten, bei denen der Kunde nicht weiß, wie er sie entsorgen soll, ist bei uns Wiener Hochquellwasser im Einsatz. Auch die riesigen Styropor-Boxen, die Haushalte auch nicht gerade ,lieben‘, haben wir ersetzt. Stattdessen gibt es dickwandige Kartons, die nicht nur 48 Stunden lang mit dem Eis und der Luft als Isolator funktionieren, sondern wie unsere Pop-Art-Edition auch gerne wei- terverwendet werden.“
Fleisch & Co: Neben Gastro und Endkunden: Wie sieht es mit Wiederverkäufern aus?
Miriam Okoroego: „Da haben wir seit Dezember 2021 ,R&S Gourmet Express‘ in Salzburg als Partner, auch mit ,Transgourmet‘ arbeiten wir und auch ,Otto Gourmet‘ in Deutschland führt einige Produkte –, aber alles immer unter der Marke ,Aumaerk‘.“
Fleisch & Co: Und wie will „Aumaerk“ weiter wachsen: Eher über neue Produkte oder Beilagen wie die Saucen, die es auch im Webshop gibt?
Miriam Okoroego: „Die Saucen gab es schon immer, denn unsere Überlegung war: Ganz ohne geht es nicht, nur wollen wir, dass der Konsument dann eine schlechtere von irgendwo verwendet? Wir machen die beim Geflügel etwa aus den Karkassen selbst, beim Rind klassisch im Stil der französischen Küche. Die heißt dann so, wie lange sie braucht: „37 hours“. Persönlich habe ich in den letzten zwei Jahren darauf den Fokus gelegt, auch Saison-Produkte zu forcieren. Die Gans läuft jetzt im Jänner aus, die gibt es dann erst im Herbst wieder. Und im Hinblick auf neue Produkte: Da kann ich mich auch mit der Würzung ,spielen‘, das schaffe ich locker noch 20 Jahre.“
Fleisch & Co: Was „geht“ generell am besten im Sortiment?
Miriam Okoroego: „Da merkt man die saisonale Verwendung, das haben wir etwa letzten April mit unserem ,Beef Hammer‘ gesehen. So nennen wir die 4,5 Kilo schwere Stelze vom Rind. Für Grill-Freaks war das natürlich ein perfektes Produkt. Schulterscherzel und Kalbsrollbraten wiederum gehen im Winter mehr. Das hat dann so Sonntagsbraten-Qualität.“