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Landwirtschaft & Umwelt

Der große Traum vom Hühner.Gut

Lucas Keiler hat bereits mit 12 Jahren seine Bestimmung gefunden. Einige Jahre später fand er mit Saskia seine bessere Hälfte und lebt im Vorarlberger Höchst den Traum vom Hühner-Gut mit ihrer Philosophie von Regionalität und Ehrlichkeit.

Leidenschaft für Geflügel

Lucas Keiler wuchs am elterlichen Hof mit Milchkühen auf. Der Wunsch, selbst Tiere zu halten, war immer schon präsent. Mit 12 Jahren stellte der damals junge Träumer eine entscheidende Frage. Er bat seine Eltern um Erlaubnis, ein paar „Hennalen“ halten zu dürfen. Seine Eltern wussten von der Leidenschaft für das Federvieh und machten ihm klar, dass er sich selbst um seine Tiere kümmern musste.

Für einen Bauernsohn keine große Herausforderung und so machte er sich auf den Weg, aus dem später das Hühner.Gut werden sollte. Mit dem Fahrrad holte er acht Stück Küken von einem Händler und hat für sie bestens gesorgt. Vor der Schule hat er seine jungen Tiere versorgt und der erste Weg danach führte ebenso in den Stall.

Lucas hatte aber damals schon Gedanken, Nutztiere zu halten, und so war es bereits Mastgeflügel. Der erste Stall, ein ausgedientes Kälberiglu. Mit dem Nachbarn fand er auch jemanden, der ihm das Schlachten zeigte, und so wurde die erste Partie Mastgeflügel geschlachtet. Lucas war erstaunt, ob des guten Geschmacks und hat seine Leidenschaft gefunden.

Ehefrau & Partnerin

Einige Jahre danach lernte er seine Saskia kennen und lieben. Seine Leidenschaft Mastgeflügel hat Lucas aber behalten und so wurde auch am Wochenende frühmorgens aufgestanden und die Tiere geschlachtet. Neugierig auf die Leidenschaft, hat sich Saskia auch mit auf den Weg gemacht und geholfen. So standen die beiden jung verliebten im Schlachtraum. Eine Geschichte für die Ewigkeit und daraus sollte noch mehr werden. Die Vermarktung wurde professioneller und Saskia hat ihre Fähigkeiten aus dem Bankberuf miteingebracht. Aus einer Partie wurden mehrere, aus wenigen Tieren wurden viele und die Käuferschicht wurde größer. „Wir sind Direktvermarkter … so haben wir angefangen und so soll es auch bleiben“, stellt Lucas klar, welche Philosophie verfolgt wird. Mittlerweile sind am Betrieb immer 2.500 Stk. Mastgeflügel, um die Grundversorgung an Produkten bedienen zu können.

Das Hühner.Gut im Kopf

„Wir sind weitergewachsen und haben begonnen auszulösen und ich habe die erste Marinade gemacht“, hält Saskia den Schritt fest, als sie die ersten Produkte entwickelt haben. Das war auch der Schritt zur nächsten Profes- sionalisierung. Mittlerweile sind es mehr als 30 verschiedene Produkte, die sie selbst aus ihren Tieren machen. Angefangen vom ganzen Stück und Teilstücken und mehr als zehn verschiedene Würste, aber auch Fleischkäse, Spieße und Pasteten sind dabei.

Die ersten Diskussionen des Neubaus starten im Jahr 2016 und nehmen schnell Fahrt auf. „Wir mussten was ändern … die Nachfrage war da und wir hatten gemeinsam Spaß daran“, meint Lucas im Nachhinein und spricht das Jahr 2017 an. Hier wurde die Entscheidung gefasst, auf die Direktvermarktung von Geflügelfleisch zu setzen. In den folgenden beiden Jahren wurden viele Ideen gesammelt, Schlachtanlagen angesehen, Betriebe be- sucht und der eigene Weg skizziert.

„Für uns war klar, dass die Schlachtung am eigenen Betrieb die wichtigste Sache sein muss“, sagt Lucas über die Entscheidung, nicht nur die Tiere zu halten, sondern auch am gleichen Standort zu schlachten.

Mehr als nur ein Stall

Das schöne Bundesland Vorarlberg hat viel zu bieten, jedoch wenig im Bereich Geflügelfleisch. Für die Vermarktung ein Segen, aber für ein Projekt wie das Hüh- ner.Gut auch schwierig. Die Wege zwischen Behörden und Geneh- migungen sind lang und es dauert, bis der Einreichplan steht und der Bau begonnen werden kann. Unsere beiden stehen aber auch diese Zeit gemeinsam durch und folgen ihrem Traum vom Hühner.Gut.

Im Jahr 2019 wurde es eröffnet. Ein Gebäude in Schwarz steht in der grünen Landschaft. Edel sieht es aus und minimalistisch mit dem einfachen Schriftzug „Hühner.Gut“. In diesem Gebäude befinden sich nicht nur die verschiedenen Stallabteile für die Tiere, sondern auch der Aufzuchtraum für die Küken und das Herzstück der Vermarktung: die Schlacht- und Verarbeitungs- räume. Die Schlachtung ist kreisförmig angelegt und ein Rondell sorgt für eine beinahe automatische Schlachtung, ähnlich einer Schlachtbandanlage, aber im kleineren Stil. Mehrmals pro Woche steht Lucas selbst noch im Schlachtraum und ist mit seinem Mitarbeiter dabei den Rohstoff für das stetig wachsende Sortiment herzustellen. Transparenz wird hier gelebt und gleich dahinter befindet sich auch schon der erste Verkaufsraum mit Automaten und somit immer zugänglich.

So stehen mittlerweile nicht nur direkt am Hühner.Gut Automaten, sondern in der Umgebung betreuen sie insgesamt fünf Automatenstandorte. Alle Standorte sind so 24/7 geöffnet und wollen auch befüllt werden, an Feiertagen und vor allem auch an Wochenenden.

Offen für Kooperationen

Lucas hat mit 12 Jahren schon die gleichen Dinge gesagt, die auch jetzt wichtig sind. „Ehrlichkeit ist das Wichtigste … auch bei Lieferschwierigkeiten“, und ergänzt, dass es nur eigene Tiere sein werden, die er vermarktet. Das bringt auch oft Schwierigkeiten, da eine schnelle Reaktion auf Marktwünsche nicht oder nur bedingt möglich ist. Es braucht für die Aufzucht und Mast der Tiere einige Wochen Vorlaufzeit und dies wollen die beiden unbedingt beibehalten.

Und was die beiden ebenso auszeichnet, ist die Offenheit gegenüber Kooperationen. „Wir schaffen nicht alles“, gibt Lucas unverblümt zu und ist auch zugleich deren Stärke. Legehennen haben es ihm nämlich auch angetan.

Die Arbeit mit den Mobilställen und vor allem das Hygienerisiko haben aber dazu bewogen, diesen Betriebszweig umzustrukturieren. Mittlerweile gibt es einen Partner, der die Legehennenhaltung übernommen hat und die Vermarktung läuft wie gewohnt über das bestehende Automatensystem.

Der nächste Schritt wird ein Partner sein für die schwierige Aufzucht der Ta- gesküken. „Mittlerweile kommen wir an unsere Grenzen“, berichtet Saskia zu den Plänen weiterzuinvestieren. Das System ist noch nicht ganz geklärt – mobil oder Feststall –, aber eines ist klar, es müssen eigene Tiere vom Betrieb sein.

„Rechnen & ehrlich sein!“

„Natürlich braucht es die Leidenschaft“, sagen die beiden unisono, aber viel wichtiger ist die Preise ehrlich zu rechnen. „Kalkulation muss immer wieder neu gemacht werden … es bringt nichts, wenn wir unter dem Wert verkaufen“, hält Lucas beinhart die Lupe auf die eigene Preisliste.

Autor: Matthias Mayr

In diesem Gebäude befinden sich nicht nur die verschiedenen Stallabteile für die Tiere, sondern auch der Aufzuchtraum für die Küken und das Herzstück der Vermarktung: die Schlacht- und Verarbeitungsräume. (© Matthias Mayr)

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